Volltext: II. Jahrgang, 1897 (II. JG., 1897)

Seite 12. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 2. 
Recapitulation: Meilen 
Europa . . 152.417 
Amerika 226.953 
Asien 26.078 
Afrika . . . .... . . . * • 8.133 
Australien 13.782 
Insgesammt . . 427.373 
Wie sich aus obigen Zahlen ergibt, entfallen von der 
gesammten Meilenlänge der Eisenbahnen aller Länder der 
Welt nicht weniger als 471/2°/o auf Nordamerika und 
42°Io allein auf die Vereinigten Staaten, während alle 
Länder Europas zusammen nur 3 5°/0 der Dampf bahn- 
Meilenlänge aufzuweisen haben. Zusammen nehmen somit 
Europa und Nord-Amerika nahezu 83°/0 oder etwas weni¬ 
ger als sieben Achtel der Gesammtzahl in Anspruch. 
Ausser den sogenannten Culturstaaten sind es noch zwei 
andere Länder, welche ein umfangreiches Bahnsystem 
aufzuweisen haben, nämlich Indien ein solches mit 18.777 
und Canada mit 16.134 Meilen. Als Länder, in welchen 
der Bahnbau in den letzten Jahren stark gefördert worden 
ist, sind zu nennen: die Argentinische Republik, deren 
Bahnsystem heute eine Länge von 8675 Meilen hat, Bra¬ 
silien mit 7496, Japan mit 2237 und die Capcolonie mit 
2240 Meilen; Südafrikas Bahnen haben insgesammt eine 
Länge von über 4000 Meilen. Chinas Eisenbahnen haben 
vorläufig nur eine solche von 124 Meilen, doch darf man 
annehmen, dass, nachdem das „Reich der Mitte“ einmal 
den Anfang hat, defti Culturfortschritt Thür und Thor 
zu öffnen, auch der Bau von Eisenbahnen im Laufe der 
nächsten Jahre dort eine starke Entwicklung erfahren 
wird. 
Das Verhältnis zwischen Meilenlänge einerseits wie 
Territorium und Bevölkerungs-Dichtigkeit andererseits 
differiert in den verschiedenen Ländern und Erdtheilen 
bedeutend. 
Bahnmeilen 
per Quadrat- per 10.000 
meilen Einwohner 
Belgien 
3.445 
29-1 
5-4 
Grossbritannien . . 
20.903 
16-6 
5-3 
Niederlande .... 
1.927 
13'5 
3-8 
Deutschland . . . 
28.246 
13-6 
5-5 
Schweiz 
2.160, 
13-1 
7-2 
Frankreich .... 
24-841 
11-5 
6-4 
Italien 
9.088 
7-8 
2-9 
Vereinigte Staaten . 
176.393 
5-7 
26-1 
Canada 
16.134 
0-4 
31-8 
Mexiko 
6.990 
0-7 
6-0 
Britisch-Indien . . 
18.777 
0-9 
0-6 
Argentinien .... 
8.675 
0-7 
19-1 
Australien .... 
13.795 
0-6 
32-4 
Im Verhältnis zu dem Areal der betreffenden Länder 
ist danach das Eisenbahnnetz Grossbritanniens und des 
europäischen Continents (ausgenommen Russland, Oester¬ 
reich-Ungarn und die Türkei) am dichtesten. Belgien ist 
nach wie vor mit Eisenbahn-Communication am besten 
versehen, indem daselbst auf je 100 Quadratmeilen Landes 
29 Bahnmeilen entfallen; Grossbritannien hat bei gleichem 
Areal nur 16*6 Bahnmeilen auf je 100 Quadratmeilen. 
Mit Rücksicht auf die Zahl der Bevölkerung darf sich 
Australien rühmen, das stärkste Eisenbahnsystem zu be¬ 
sitzen, indem daselbst auf je 10.000 Einwohner 32*4 Bahn- 
jneilen entfallen; für Canada als zweifelhaftes Land lautet 
die betreffende Ziffer 31*8 Meilen; als drittes Land figu¬ 
rieren mit 26*1 Meilen für je 10.000 Einwohner die Ver¬ 
einigten Staaten, und auch die Argentinische Republik 
ist mit 19*1 Meilen auf je 10.000 Einwohner mit Eisen¬ 
bahnen gut versehen. Britisch-Indien, eines der dichtbe¬ 
völkertsten Länder der Welt, hat zwar insgesammt 18.000 
Meilen Eisenbahnen, auf je 10.000 Einwohner entfallen 
daselbst jedoch nur sechs Zehntel einer Meile. 
Neue Ausgrabungen in Pompeji. 
Seit 1878 wird, an der Aufdeckung der Jahrhunderte 
lang gänzlich vergessenen Stadt gearbeitet, doch plan- 
mässig und wissenschaftlich erst seit 1870 unter der Lei¬ 
tung des trefflichen Giuseppe Fiorelli, und erst die kleine 
Hälfte der Stadt, allerdings ohne Zweifel die wichtigere, 
ist bis jetzt ausgegraben. Denn es wird sehr langsam 
und vorsichtig von oben her Schicht um Schicht der 
schwarzgrauen, aus kleinen erbsen- bis haselnussgrossen 
Steinchen (lapilli) bestehenden vulkanischen Asche, die 
durchschnittlich fast zwei Stockwerke (6 Meter) hoch über 
dem antiken Strassenpflaster liegt, abgehoben und genau 
durchsucht, dann in Körben in die Höhe getragen und 
auf den Kipp wagen einer kleinen Feldbahn weggebracht, 
Dabei sind nicht mehr als 50 bis 60 Menschen, auch 
Frauen und Kinder, thätig, und Fiorelli berechnet, dass 
wenn so fortgefahren werde, noch etwa 70 Jahre bis zur 
völligen Aufdeckung der Stadt verstreichen würden, die 
in ihrem Oval von 1200 zu 700 Meter (84 Hektar) bei¬ 
läufig einen Flächeninhalt beinahe von der Grösse der 
inneren Stadt Leipzig (90 Hektar) umschliesst. Besonders— 
lebhaft regt sich das Interesse bei allen Betheiligten, 
wenn unter der ziemlich gleichförmigen Menge der ge¬ 
wöhnlichen kleinen Provianthäuser ein ansehnlicheres, 
durch Grösse und künstlerischen Schmuck hervorragendes 
Gebäude zu Tage kommt. So stiess man im December 
1894 in der VI. Region unweit des Treffpunktes der Via 
octava (Vico del Labirinto) und der Via primä (Vico di 
Mercurio) gegenüber der Casa del Labirinto und nicht 
weit von der ausgedehnten Casa del Fauno auf ein herr¬ 
schaftliches Haus. 
Als ich Pompeji am 28. und 29. April vorigen Jahres 
besuchte, war das Gebäude grösstentheils schon aufgedeckt, 
doch wurde noch weiter gearbeitet, und fast jeder Tag 
lieferte neue interessante Ergebnisse, sodass das Haus ein 
Hauptziel aller Besucher war, die mit grösster Spannung 
der Grabung zusahen. Noch war der Haupteingang an 
der Nordseite verschüttet, das Vestibulum aber schon 
frei gelegt, sodass man von dort in das Atrium eintreten 
konnte. Aus diesem gelangt man unmittelbar in das Peri- 
styl (Säulenhof), den schönsten und grössten Raum des 
Hauses, ein Rechteck, das mit der Langseite nach dem 
Atrium zu steht, von sieben weissen korinthischen Stuck¬ 
säulen an der Langseite, vier Säulen an der Schmalseite 
umgeben und ungewöhnlich reich decoriert. Denn in der 
Mitte liegt eine Marmorfontaine, und ringsum stehen acht 
zierliche viereckige Marmorbecken, acht Statuetten aus 
Marmor (Brunnenfiguren: ein Bacchus, ein Silen, ein Jäger 
und andere mehr) und zwei kleinere, ganz übereinstim¬ 
mende, aus Bronze einander grade gegenüber (Knaben 
mit der Gans). Zwei Doppelbüsten auf zierlichen, mit 
Weinlaub umwundenen Postamenten und ein paar schöne, 
runde Marmortische auf Löwenfüssen vollenden den 
Schmuck des Raumes, und das alles ist so frisch und 
tadellos erhalten, als ob es erst aus der Werkstätte des 
Bildhauers hervorgegangen wäre; nur die eine Bronze¬ 
statue zeigte eine eigenthümliche violett-bläuliche Patina.
	        
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