Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Heft 6 1938 (Heft 6 / 1938)

den Strom bringen wollten. Es waren vor allem zwei 
wichtige Rohstoffe, die sehr frühzeitig in unseren 
Begenden gewonnen wurden und mit denen sich ein 
Warenaustausch anbahnte, das sind das Eisen, das 
in der Nordsteiermark, und das Salz, das in Hallstatt 
gefördert wird. Beide bergwerksmäßig gewonnenen 
Produkte waren hochbegehrte Handelsgegenstände, 
besonders alt ist der Abbau und die Versendung des 
Salzes, das dem Gebiete um Hallstatt große Bedeu— 
tung, Reichtum und eine blühende Kultur bereits 
tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung brachte. Die 
Handelswege aus beiden Erzeugungsstätten fanden 
auf dem Gebiete von Linz nichtnur die beste Ver— 
frachtungsmöglichkeit an der Donau, sondern auch 
eme sehr günstige Stelle zum Übersetzen des Stromes, 
weil dieser bei der GEinmündung der Traun eine leicht 
übersetzbare Stelle bietet. Von Linz an also konnte 
der Handelsweg auch seine Fortsetzung nach Norden, 
nach Böhmen und an die Ostsee finden. Die letzten 
Forschungsergebnisse bieten auch sichere Ahnhalts— 
punkte, daß sogar die berühmte Bernsteinstraße, die 
wichtige Verkehrsstraße von der Ostsee nach Griechen— 
land, die Gegend von Linz durchschnitt. 
So sind die besten natürlichen Vorbedingungen für 
die Entwicklung der uralten Menschenansiedlung in 
Linz zu einem Handelsmittelpunkte, zu einem Waren— 
umschlagplatze erster Güte und damit zu einer Stadt 
gegeben, dies um so mehr, als die steile Höhe an der 
Donau Gelegenheit für wirksamen wehrhaften Schutz 
bot. Und diese Entwicklung nahm auch ihren steten 
Fortgang. Bereits die Römer sicherten diesen wich⸗ 
igen Platz durch die Anlage eines Kastells. Die ver— 
schiedensten und häufigen Funde auf Linzer Boden 
aus der Römerzeit beweisen, daß die römische Nieder— 
iassung bedeutend war. Es bestand wohl kein großes 
militärisches Lager, da der Ort abseits der breiten 
Heerstraße lag, aber das Kastell hatte die Aufgabe, 
den Donauverkehr zu überwachen und zu schützen, 
aber ebensosehr auch die uralten Handelswege, die 
durch Linz führten, zu sichern. Im Schutze des Kastells 
entwickelte sich eine ansehnliche Zivilstadt, von deren 
Größe uns die Funde beim Neubau des Kreuz— 
chwestern⸗Institutes eine ungefähre Vorstellung geben. 
Dabei wurden die Grabungen nicht systematisch nach 
den Römerfunden, sondern nur im Zuge der not— 
wendigen Bauarbeiten durchgeführt, so daß das auf— 
gedeckte Gräberfeld nicht ausgebeutet, sondern nur 
angedeutet werden konnte. Die Ziegelfunde beweisen, 
daß bereits unter Kaiser Marc Aurel (168—180) die 
Römer hier saßen; die erste urkundliche Nachricht über 
Linz besitzen wir erst aus dem Jahre 410 n. Chr., als 
Linz im Staatsschematismus, den „notitiae dignita— 
tum“, erwähnt wird. * 
Das Bemerkenswerteste aus der Römerzeit 
für die Geschichte unserer Stadt ist, daß sie nun zu 
einem großen und geordneten Staatswesen gehörte. 
Sie war einem mächtigen Reiche mit ausgezeichneter 
Verwaltung und ausgebildeter Wirtschaft einverleibt; 
allerdings hatte damals, als Linz in seine Geschichte 
eintrat, dieses große Reich bereits die Höhe seiner 
Macht überschritten und war gerade hier in unseren 
Gegenden ständigen Anstürmen von Seite der Ger— 
manen ausgesetzt. Gegen sie stand Linz an der Grenze 
als Verteidigungsposten des römischen Reiches, nach 
Norden gewendet. 
Das römische Reich zerfiel unter den heftigen 
Erschütterungen der Völkerwanderung und erlag der 
Kraft des Germanentums. Jahrhunderte hindurch 
hatten die Germanen Gelegenheit, Roms Künste, 
technische Ausbildung und staatliche Einrichtungen 
kennen zu lernen. Von dieser Kenntnis wurde ihre 
Naturkraft instand gesetzt, das starke Reich zu ver— 
nichten. Sie waren die siegreiche Rasse, weil sie höhere 
Qualitäten mitbrachten und ungebrochen in ihrer 
rassischen Kraft waren. Jahrhunderte hindurch hören 
wir in dieser Zeit nichts von Linz; aber es hat die 
Zeit überdauert. Im Jahre 799 bereits wird es schon 
urkundlich genannt, als Graf Gerold, der Schwager 
Karls des Großen, vom Bischof Waldarich von Passau 
die Kirche zu St. Martin in Linz als Lehen empfängt 
samt allem, was zu dieser Kirche und zum Schlosse 
gehörte. 
Es ist nicht verwunderlich, daß die zweite uxkund⸗ 
liche Nachricht über Linz erscheint, als Linz wieder 
einem großen Reiche einverleibt war. Den Fran— 
ken war es gelungen, die germanischen Stämme 
West- und Mitteleuropas zu einen; Karl der Große 
baute dieses Reich mächtig aus und hat für alle Zeiten 
die Einigung der östlich vom Rheine lebenden Ger— 
manen im deutschen Volke vollzogen. Linz ist nun 
aber nicht mehr an der Nordgrenze eines Reiches, 
sondern nahe seiner Ostgrenze, die nicht Vertei— 
digungs⸗-, sondern Angriffsstellung ist. Tatsächlich hat 
im Laufe der Jahrhunderte das deutsche Volk gegen 
Osten von der Enns weg, die die Grenze des bayri— 
schen Stammlandes war, viel wertvollen Boden dazu 
erobert. 
Wir hören dann etwa ein Jahrhundert später 
neuerlich von Linz, und zwar in der sogenannten 
Raffelstätter Zollordnung, die ich als für 
die Geschichte von Linz von ganz besonderer Bedeu— 
tung betrachte; denn diese Urkunde beweist, daß Linz 
seinen städtischen Charakter und seine Funktion als 
wichtiger Handelsplatz über die Völkerwanderungszeit 
zinaus bewahrt hatte. Und diese Tatsache erklärt auch, 
daß Linz nie ein Stadtrecht verliehen erhielt; denn
	        
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