Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 34 1925 (Nr. 34 / 1925)

Nr. 34 
Linz, 23. August 
1925. 
Franz Stelzhamer und Adalbert Stifter. 
Von Dr. Josef Bindtner, Vorsitzender der Adalbert-Stifter-Gesellschaft in Wien. 
Franz Stelzhamer und 
Adalbert Stifter, die beiden 
größten Dichter ihres Hei 
matlandes, waren nicht 
bloß Zeitgenossen, sondern 
standen auch, bei aller 
sonstigen Verschiedenheit 
ihrer Artung, in nahen 
persönlichen und freund 
schaftlichen Beziehungen. 
Aus ungefähr den gleichen 
bäuerlichen Verhältnissen 
hervorgegangen, bietet ihr 
früher Lebensgang auf 
fallende Ähnlichkeiten, bis 
ihr verschieden strebender 
Genius bald einem jeden 
die eigenen Wege weist. 
Adalbert Stifter, der 
Meister der Prosa, wird 
zum seßhaften Bürger und 
Staatsbeamten, Franz 
Stelzhamer aber, durch 
und durch Lyriker, bleibt 
zeitlebens der unstete 
Wanderer und fahrende 
Sänger. 
Zwei Jahre nach 
Adalbert Stifter kam auch 
1828 Stelzhamer auf dem 
selben Donauwege nach 
Wien, um sich gleich ihm 
akademische Bildung zu 
erwerben. Auch er fand 
sich in der Lage eines 
mittellosen Studenten, der 
sich durch Privatunterricht 
fortzubringen hatte. Wie 
Stifter war auch ihm die 
erste Jugendgeliebte an 
einen anderen verloren ge- 
Stelzhamers Geburtshaus in Piesenham. 
(Nach einem Aquarell von Schnögaß.) 
gangen. Hat Stifter aber 
erst in seinen späteren 
MeisterwerkenihreinDenk- 
mal errichtet, so war es 
Stelzhamer schon damals 
verliehen, Lust und Leid 
in einer reichen Zahl von 
Liedern auszuströmen. Es 
entstand in jenen Tagen 
der prächtige Liederstrauß 
des „Liebesgürtels", der 
erst nach Jahren ans Licht 
getreten, wohl das Glän 
zendste isy was die Liebes 
lyrik des alten Oesterreich 
hervorgebracht hat. 
Begreiflicherweise war 
Stelzhamer ebensowenig 
als Stifter einer vormärz 
lichen Beamtenlaufbahn 
geneigt, er fühlte sich viel 
mehr wie dieser zum Maler 
berufen. Während nun 
Stifter, mannigfachen Stu 
dien obliegend, für lange 
Zeit in Wien verblieb und 
sich einen Hausstand grün 
dete, begann für Stelz 
hamer die Wanderschaft. 
Er ging nach Linz, um es 
mit der geistlichen Wissen 
schaft zu versuchen. Und 
dort, ineinemDachstübchen 
der Oberen Pfarrgasse, 
dichtete der junge Theologe 
seine ersten Lieder in der 
Volksmundart. Hier wurde 
er der „Franzl von Piesen 
ham", dessen Lieder nun 
landein und -aus fortan 
nicht mehr verstummten. 
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