Volltext: Nr. 59 (59. 1920)

Nr. 59 
Die Reichskonferenz bedeutete einen vollen Erfolg 
und wird zu einer erneuten Sammel- und Aufklärungs¬ 
tätigkeit für den jüdischen Volksschatz den Auftakt 
geben. 
Der Kardinal Dubois, Erzbischof von Rouen. 
Wie das Jüdische Preßbüro in Paris meldet, hat 
sich in einem Interview mit Herrn Enrdc F. Braun¬ 
stein S. Eminenz über die Wiederbesiedlung Palästinas 
in einer Weise geäußert, die geeignet, ist, weitestgehende 
Mißstimmung hervorzurufen. Se. Eminenz hat Palästina 
und Syrien bereist und wurde beauftragt, ein Memo¬ 
randum der palästinenischen Christen, das sich in scharfer 
Form gegen die Einwanderung der Juden nach Palästina 
wendet, der französischen Regierung zu überreichen. 
Es liegt klar auf der Hand, daß Se. Eminenz nicht 
jüdischen Interessen zuliebe diese Reise unternommen 
hat. Es kann daher auch gar nicht wnudernehmen, wenn 
da» Resultat dieser Reise sich gegen die neu jüdischen 
Bestrebungen richtet. Wie uniformiert jedoch Seine 
Eminenz trotz seiner langen Studienreise an Ort und 
Stelle der ganzen -Frage gegenübersteht, beweisen einige 
Äußerungen, die in der genannten Audienz gefallen sind: 
„Die Juden in Frankreich sind Franzosen, in Holland 
Hollander, sowie sie in England Engländer sind. Sie 
haben ein Vaterland; imögen sie dort bleiben. Palästina 
ist klein und arm, es ist nicht einmal genügend Platz 
für die, die schon im Lande sind. Was werden die an¬ 
deren machen, die dorthin kommen werden? Für mehi 
ist das Land nicht aufnahmsfähig; wovon werden sie 
leben ? 
Wenn Ihr in Massen kommt, werden die anderen 
Juden gezwungen sein, auszuwandern ..." 
Diese wenigen Proben mögen genügen, um die 
Leichtfertigkeit zu kennzeichnen, mit welcher gewisse 
Kreise es wagen, sich Urteile anzumaßen, die nur durch 
eine gänzliche Unkenntnis der Wirklichkeit sich erklaren 
lassen. Die bedeutendsten Nationalökonomen, die her¬ 
vorragendsten Fachleute, welche sich jahrzehntelang mit 
dem Problem der Besiedlung Palästinas in eingehender 
Weise befaßt haben, die ein gewaltiges statistisch-wis¬ 
senschaftliches Tatsachenmaterial verarbeitet haben, ein 
Üttinger, Ballod Kaplansky, Ruppin erschei¬ 
nen angesichts dieser Äußerungen Sr. Eminenz nunmehi 
endgültig abgetan. 
Der Herr Erzbischof von Rouen erklart, daß die 
80.000 Juden Palästinas werden auswandern müssen, 
wenn neue einwandern; Weizmann ist der Meinung, 
daß Palästina eine Bevölkerung von 6 Millionen Juden 
wird aufnehmen können ... . 
Und die Konferenz von San Remo hat inzwischen 
dem jüdischen Volke Palästina zugesprochen . . . 
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(Für die Richtigkeit schriftlich zugegangener Berichte 
übernimmt die Redaktion keine \ erantwortung-) 
Linz. 
Festgottesdienst. Aus Anlaß des endgültigen Be¬ 
schlusses der Konferenz in San Remo, in. Palästina dem 
jüdischen Volke eine nationale Heimstätte zu errichten, 
findet Samstag, den 1. Mai (Staatsfeiertag), um 
10l/2l XJhr vormittags, ein feierlicher Gottesdienst statt. 
Sr. Ehrwürden Herr Rabbiner Friedmann wird eine 
Festpredigt halten. 
Gemeindeversammlung. Wie bereits berichtet, findet 
am Mittwoch, dem 12. Mai 1920, im Volksbildungssaale 
des Kaufmännischen Vereinshauses (Eingang Bismarck- 
straße) eine Versammlung aller Angehörigen der 
tusgemeind© statt, zu welcher bereits schriftliche Ein¬ 
ladungen an alle Wahlberechtigten durch die Vorstehung 
zur Aussendung gelangt sind. Mit Rücksicht auf die be¬ 
sondere Wichtigkeit dieser Versammlung, welche über 
das neue Statut der Linzer Gemeinde zu beschließen 
haben wird, ist eine allseitige Beteiligung unbedingt er¬ 
forderlich. Auch alle jene, welche durch die Unverlaß- 
lichkeit der Post oder sonst aus einem Grunde keine 
persönliche Einladung erhalten haben sollten, weiden 
ersucht, verläßlich und pünktlich zu erscheinen. 
Israelit. Armeninstitut, Linz. Generalversammlung 
am; 18. April 1920. Obmann Herr Bernhard Taussig 
erstattete den Tätigkeitsbericht und gab eine .Ubersicht 
über die Kassegebarung, derzufolge eine Vergrößerung 
des Vereinsvermögens zustande kam. Die Neuwahlen 
ergaben: Rabb. M. Friedmann, Rechn.-Dir. Jak. Donath,.. 
M. Eisenberger, Otto Kapper, Heinrich Kronberger, 
Josef Pollak, Albert Tandler, Bernhard Taussig. — Der 
Antrag des Herrn Paul Stein, aus den Mitteln des 
Armenvereines für die jüdischen Abbrändler in W il- 
helmburg (s. Aufruf in Nr. 58. Die Red.) 500 K zu 
spenden, wurde einstimmig angenommen. 
Jüdischer Turn- und Sportverein, Linz. Mitglieder¬ 
versammlung am! 24. April 1920. Die Kreisturnverbands- 
leitung in Wien lädt den hiesigen Turnverein zu ihrem 
Schau- und Wetturnen am 27. Juni 1920 ein; der Linzer 
Turnverein beschloß, der Einladung Folge zu geben und 
sich an den Frei* und Geräteübungen zu beteiligen. 
Bezüglich der Haft- und Unfallversicherung wurde 
der Ausschuß beauftragt, die weiteren Schritte zu untere 
nehmen. 
Der Obmann, Herr Emil Bruder, richtete eine _ür- 
mahnung an die Turnerinnen, mehr Disziplin in den 
Turnstunden zu üben. Verschiedene technische Fragen 
gelangten zur Erledigung. 
Die Abwesenheit vieler Turner und Turnerinnen hei 
unangenehm auf und zeugte von sträflicher Gleichgültig¬ 
keit. . 
Generalversammlung dar „Chewra Kadischa", Linz. 
Am 25. April 1920 fand die Generalversammlung der 
„Chewra Kadischa", Linz, unter dem Vorsitze des Herrn 
Vorstehers Albert Sternschein statt.. Zum 1. Punkte 
der Tagesordnung' verlas der Vorsitzende den umfang¬ 
reichen Tätigkeit»- und Rechenschaftsbericht über das 
abgelaufene Vereinsjahr 1919/1920, der ein anschauliches 
Bild der großen Arbeit dieses Vereines gab. Herr Rabb. 
Fried Mann klärte den rituellen Gebrauch der Zizes 
bei Toten auf, worauf die Herren Paul Stein und 
Spira dem Vorstande und insbesondere den Herren 
Vorsteher Sternschein, Kassier Wilhelm Schwager und 
Friedhofverwalter Biegler Dank für die unermüd¬ 
liche Arbeit im Dienste der Nächstenliebe aussprachen. 
. Zum 2. Tunkte der Tagesordnung lag ein Antrag des 
Vorstandes vor, den Mitgliedsbeitrag von K 5.50 aut 
K 20 — zu erhöhen. Für den Antrag griffen die Herren 
Emil Bruder, Richard Kafka und Ing. Erwin Piskaty, 
dagegen die Herren Isidor Pick, Bernhard Taussig, Spiro 
und trotz seiner Eigenschaft al» Ausschußmitglied Herr 
Biegler in die Debatte ein. Bei der vorgenommenen Ab¬ 
stimmung wurde die Erhöhung de» Mitgliedsbeitrages 
auf K 20.— angenommen. Desgleichen wird ein Antrag
	        
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