Volltext: Der Naturarzt 1891 (1891)

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Rettung möglich ist, so ist es wobl nur die Naturheilkunde mit ihren mannigfaltigen und richtig ge 
wählten Anwendurgsformen, welche Hilfe bringt, auch nachdem alle andern Heilmethoden den 
Kranken bereits aufgegeben haben. 
Nur soll der Einzelne nicht glauben und behaupten, daß er a^ein die ausschließlich 
Erfolg versp echende Ricttung vertrete, denn damit fällt er über die anderen Richtungen cin 
Berdammungsmteil, wozu er nicht berechtigt ist, und was er mit gutem Gewissen nicht ver 
antworten kann. Dagegen mag er immerhin über die günstigen Resultate berichten, welche 
er mit gewissen Anwendungssornwn und bestimmten Temperaturen erzielt hat, das soll jedem 
unbenommen sein; mit dem absprechenden Urteil aber, sei es direkt oder indirekt, sei es un 
zweifelhaft deutlich, oder vorsichtig verblümt, über andere, die sich zwar auch treu <m die 
Naim Heilkunde halten, aber in Bezug auf die Anwendungsform n oder Tempt-ralu en ab 
weichen, da soll er recht vorsichtig sein, um zu vermelden, daß, wie schon erwähnt Gäste und 
Neulinge „irre" werden und selvst ältere Mitglieder stutzen und dadurch in die Ku.se unserer 
Anhänger eine Unsicherheit getragen wird, die niemals zum Gedeihen unserer guten Bestrebung 
beitragen kann, sondern NU' dazu führen würde, Spaltungen in unserer. R.ih n zu bewirken, 
zum Frohlocken unserer Gegner und zum Schaden unserer eigenen Lehre. 
Ueber die schädliche Wirkung zu heißer Nahrung bei 
Säuglingen. 
Von H. Sperling, Berlin. 
Es ist bekannt, daß bei der künstlichen Ernährung der Säuglinge leider häufig genug 
die schlimmsten Be,stoße gegen die naturgemäße Kmderdrätetik begangen werden. Vor allem 
ist in dieser Beziehung der Verabfolgung zu war., er, ja oft heißer Nahrung zu gedenken, 
welcher Uebelstand teils der Nachlälsigkeir und Unachtsamkeit, teils auch der Unkenntnis und 
Bequemlichkeit mancher Mütter, Hebammen, Wärterinnen zuzuschreiben ist. Er bildet allzu 
häufig den G und von Erkrankungen: Maren- und Darnckatarrh bezw. Entzündungen, mehr 
oder weniger hohen Grades, welche zu Krämpfen und schließlich zum Tode die V ranlassuug 
geben. Auch werden Brechdurchfälle und andere Krankheiten dadurch anerzogen, welche eben 
falls nicht selten durch den Tod ihren Abschluß finden. Eine g» possenhafte Mutier oder 
Pflegerin hat strenge darauf zu achten, daß die dem kleinen Kinde verabreichte Nahrung 
die Temperatur der Muttermilch, also280 U., hat und ist es am zweckentsprechendsten, diesen 
notwendigen Wärmegrad unmittelbar vor der Verabfolgung der Näwsubstanz durch Thermo 
meter festzustellen. Leider predigt man allzuoft tauven Ohen! Es nützt alles nichls: „man 
macht die Flasche", wie sie von der Großmutter, Mutter oder der Hebamme immer gemacht 
wurde und tröstet sich mit dem Gedanken: Wir sind ja auch dabei groß geworden! Man 
bedenkt aber nicht, daß früher seltener künstlich ernährt, desto mehr aber ,.gestillt" w rde, die 
Kinder widerstandsfähiger als heutzutage waren, und daß die widerstandslosesten Kinder bei 
falscher Ernährung ebenfalls erkrankten und öfters starben. 
Einen teilweisen ursänlichen Grund des „Nichtstlllenkönnens" unserer beutigen jungen 
Mütter liegt in der Pockenimpfung der kleinen Kinder bezw. kleinen Mädchen. Man kann 
ganz sicher behaupten, daß durch das Pockengift das Blut vergiftet, die Nerven- und Spann 
kraft geschwächt und dadurch die Widerstandskraft des Organismus aufgehoben wird; infolge 
dessen können die Körper den schädlichen Einwirkungen nicht wioernehen, was zur weiteren 
Folge har, daß die K-nder in der Jetztzeit massenhaft sterben. Es ist auch aanz natürlich, daß 
diejenigen Gefäße, welche s. Z. die zakünftige Ernährungsquelle (di' Milchdrüsen) spe sen, 
bezw. Material zur Milchberettung denselben zuführn, so weit verkümmern, daß dieselben 
sich nur bei ganz kräftigen Individuen, deren Körper von den Großeltern, Eltern vermehrte 
Widerstandskraft bezw. Ausgleichungskraft ererbt, rwhr oder weniger weder erholen, daß im 
allgemeinen aber, wenn das Individuum unterdessen durch die widerstand losigkeit des Orga 
nismus nicht zu Grunde gegangen ist, später die betreffenden G.fäße ihre Funktionen nicht 
erfüllen können. 
Eine andere Ursache, welche sich der eben genannten beigesellt, besteht darin, daß die 
Arbeiterfrau (von den sich zu voroehm und zu gut dünkenden und gelinde gesagt, zu trägen 
Müttern d r oberen Zehntausend wollen wrr hier abseh n) von einer durch Überarbeitung ge 
schwächten Mutter schon nervenschwach zur Welt gekommen, infolge von Entbehrungen, 
Ueberarbeitung in der Jugend, schlechten Wohn- und Ernäg ungsverhältn'ffen, und wie dann 
nicht anders zu erwarten ist, mit Krankheiten aller Art kämpfend, kümmerlich heranwächst, 
also auch keine gesunden Kinder und keine gute oder überhaupt keine Milch zur Ernährung 
ihres Lieblings haben kann. 
In Betreff der zu warmen Nahrung hört man nur zu häufig, wenn man den drin 
genden Rat erteilt, die Nahrung, vor der Verabreichung mit dem Thermometer zu prüfen, 
die leichtfertige Entgegnung: „Das ist ja gar nicht nötig, das habe ich schon im Gefühl, an
	        
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