Volltext: Der Naturarzt 1890 (1890)

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selbst praktisch können soll, dessen Anwendung man durch andere kon 
trollieren muss, ist gewiss richtig. 
Die Wichtigkeit aber, mit der gerade jetzt solcherlei Reformpläne der 
Welt vorgetragen werden, erinnert uns lebhaft an die kleinlichen Debatten 
der französischen Nationalversammlung vor hundert Jahren, über die 
seitens der bevorrechteten Stände dem dritten Stande zu machenden Be 
willigungen, während die grosse Revolution schon an die Thore klopfte. 
Wir denken, die ganze Revolution in der Heilkunde, welche mit den Pillen, 
Mixturen, Salbentöpfen auch die Blutegel, Schröpfköpfe und die gesamte 
Impferei vertreiben wird, steht schon vor der Thür, und so bedauern wir jeden, 
der jene brotlosen Künste noch unter Aufwand von Zeit und Geld erlernen soll! 
Dezember 1889. 
Wie wir mit der Naturheilmethode bekannt wurden. 
Es war am 15. Dezember v. J. abends, als Unsere kleine l 3 / 4 jährige Tochter 
Martha, von meiner Frau, anscheinend gesund, zu Bett gebracht wurde. Zwei Stunden 
später, als letztere, wie jeden Abend, zum öfteren nach den Kindern sah, fand sie die 
Kleine röchelnd, mit starrem, bewusstlosem Blick, brennendheissem Köpfchen und Leibe 
vor. Nur die Füsse waren eiskalt. Dies Alles wirkte um so beängstigender auf uns, 
als uns genau vor 4 Jahren (15./16. Dezember 1885) unter genau denselben Erscheinungen ein 
Töchterchen ganz rasch gestorben war. In unserer Herzensangst schickten wir, da wir 
mit allopathischen Aerzten schon viel traurige Erfahrungen gemacht hatten, sofort zu dem 
geprüften Heilgehilfen Kettner, welcher unsere beiden älteren Kinder bei Diphteritis um 
sichtig und sehr glücklich hergestellt hatte. Derselbe kam auch bald, untersuchte rasch 
und eingehend die Kleine, verordnete sofort Dampfkruken und warme Leib- und Waden 
packungen, bezw. führte alles gleich selbst aus. Nach ungefähr 5 Minuten hatten wir die 
Freude zu bemerken, wie der Blick des Kindes klar und die Temperatur eine gleich 
mässig warme wurde. Nach nicht ganz einer halben Stunde war alle Gefahr vorüber. 
Das Kind fing wieder klarbewusst, erst schwach und kaum vernehmlich, bald aber lauter 
und kiäftiger, seine Wünsche zu äussern an. Das verordnete Klystier wurde überflüssig 
durch erfolgten Stuhl. Der weitere Teil der Nacht verlief ruhig, und andern Tages über 
traf Patientin ihre Geschwister an Lustigkeit. Unser Glück und unsere Freude in Worte 
zu kleiden, vermögen wir natürlich nicht, aber jedes Mutterherz wird es mitempfinden. 
Bis heute (nach 6 Monaten) ist der Gesundheitszustand unserer Kinder ein so befrie 
digender, dass wir es nicht genug rühmen können, die Naturheilmethode kennen gelernt 
zu haben. Darum ist auch deren Verbreitung unser aufrichtigster Wunsch. Möchten 
diese Zeilen unserer Sache neue Freunde erwerben, so wäre ihr Zweck erfüllt. 
Hohn stein (Sächs. Schweiz), im Juni 1890. 
Richard Hähne, Peitschenfabrikant, 
nebst Frau. 
Vermischtes. 
— In voriger Nummer gaben wir den Jahresbericht der Kranken- und Sterbe 
kasse in Chemnitz. Unsere Leser werden auf dieses Institut nochmals besonders auf 
merksam gemacht mit der Bitte, sich zusagenden Falles bei einem der dortselbst unter 
zeichneten Herren als Mitglied anzumelden. 
— Heilung von Bisswunden, wurde in unserer Nummer 8 ausgeführt, erfolge 
durch Allgemeinbehandlung uni Lokalbehandlung. Einer der Altmeister unserer Methode, 
H. Baron v. Bistram, schreibt zu gleicher Zeit im „Hausdoktor“, dass bei Bisswunden 
von einer Allgemeinbehandlung entschieden abzuraten sei — das Gift dürfe nicht in den 
Blutstrom gelockt werden. Ich persönlich weiss nur, dass Priessnitz einen tollen Hund, 
der an der Kette lag, lange Zeit mit Wasser beschüttet und dann bei Ermüdung mit 
Stroh zugedeckt haben soll; worauf sich die Tollwut verlor. Ja, schwitzen denn Hunde 
aber? — Dann sah ich vor 2 Jahren in Gräfenberg, wie der Goldbergwerksbesitzer 
Saltery von einer Kreuzotter gefährlich in die Hand gebissen war. Er hatte zuerst in der 
Not verdünnte Schwefelsäure darauf gegossen. Dr. Schindler behandelte ihn (Fieber!) all 
gemein und lokal. Der Erfolg war ein guter. Wer vermag uns in einem Artikel mit 
praktischem Bäte beizustehen? 
— Naturärzte, habt acht! Wie uns H. Zahntechniker Peschke-Dresden mit 
teilt, fordert der „Aerztliche Centralanzeiger“ zu energischem Kampfe gegen die „Kur-
	        
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