Volltext: Der Naturarzt 1887 (1887)

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Heilverfahrens demonstrirte. Cr legte besonders Gewicht darauf und wir können ihm darin voll 
kommen Recht geben, daß die häufigen Sterbefälle hauptsächlich der Unachtsamkeit der Eltern zuzu 
schreiben seien, sowie der Unkenntniß derselben mit der allein zum Heil führenden Behandlungsweise. 
Äerfllicher Briefkasten. 
Mein Vater, ein Mann von 56 Jahren, starb vor kurzem an der Kopfrose, die sich auf 
die Gehirnhäute fortpflanzte. Ich war für naturgemäße Behandlung, konnte aber bei meiner Mutter 
und meinen Geschwistern mit meinen Ansichten nicht durchdringen. Hätte nicht das Leben des sonst 
so gesunden Mannes durch Anwendung des Uaturheilverfahrens erhalten werden können? 
Man würde uns der Anmaßung zeihen können, wenn wir eine so kategorisch gestellte Frage 
unbedingt mit „ja" beantworten wollten, aber wir glauben die Frage dahin beantworten zu können, 
daß wir der Ansicht sind, daß, wenn frühzeitig unser Verfahren in Anwendung gezogen wäre, der 
rosenartige Ausschlag und damit die Entzündung gar nicht die Gehirnhäute afsicirt hätte. Mir sind 
zu diesem Ausspruch berechtigt, da wir eine ganze Reihe von Kranken mit Kopfrose nach unserm 
Naturheilverfahren behandelt haben, und glauben, daß, da wir das Fieber zu mäßigen suchen, was 
wir ja auch vermögen, und die große Oberfläche der Haut in Anspruch nehmen, die Gefahr von 
der bedrohten Stelle ableiten. Eigenthümlich ist es, daß der alte Zopf, nämlich der Glaube, daß 
man durchaus kein Wasser bei einem an Rose Leidenden anwenden dürfe, noch immer existirt, dem schon 
Viele zum Opfer gefallen sind. Da diese Krankheit die Neigung hat, ein und denselben Patienten häufiger 
zu befallen, so haben uns diejenigen, welche früher allopathisch, d. h. mit Medikamenten und warmen 
Bohnenmehlbeuteln und später von uns naturgemäß behandelt wurden, versichert, daß sie sich bei unserer 
Behandlung wie im Himmel, bei jener aber wie im Fegefeuer gefühlt hätten. 
Mancherlei. 
Die allgemein hochgeschätzte berliner Vörsenzeitnng bringt an der Spitze ihrer Nr. 122 
vom 13. März d. I. einen Artikel, den wir gern weiter verbreiten, indes fehlt uns der Raum, den 
selben ganz zu bringen, wir müssen uns daher begnügen den ersten Absatz nachfolgen zu lassen: 
Eine schmierige Materie. 
wir haben von der offiziösen Mittheilung Notiz genommen, daß der in der Presse an 
gekündigte Gesetzentwurf zur Fernhaltnng der Gehcimmittel noch nicht fertiggestellt sei und 
in dieser Session des Reichstags nicht erwartet werden dürfe, wir halten es für wahrscheinlich, daß 
noch weitere Sessionen vorübergehen, ohne daß jener Gesetzentwurf in das Haus gelangt, denn er 
bietet ganz außerordentliche Schwierigkeiten. Der Kreis der Arzneimittel, welche nicht Geheimmittel, 
das heißt, welche in ihrer Wirkung von der Wissenschaft genau erkannt sind, ist ein ungemein kleiner; 
er fällt im Grunde zusammen mit dem Kreise derjenigen Mittel, die gegen gewisse Uebel unter allen 
Umständen die gleiche Wirkung haben. Sobald der Eintritt der Wirkung von Voraussetzungen 
hinsichtlich der Person des Leidenden ganz oder theilweift abhängt, beginnt die Unsicherheit des 
Arztes, und bei weitem die meisten Arzneimittel sind in dem Grunde ihrer Wirkung so wenig erkannt, 
daß man sich bei ihrer Anwendung lediglich auf eine keineswegs unanfechtbare Erfahrung stützt. 
Da nun auch die Pathologie noch in den Kinderschuhen geht, und die Diagnose einer Krankheit 
häufiger den Satz, daß Irren menschlich ist, als den Triumph der wisienschast bewährt, so ist, ganz 
allgemein betrachtet, zur Fernhaltnng von Mitteln, die der Pharmakopöe unbekannt sind, ein zureichender 
Grund nicht gegeben. Das Experimentiern und die Fehlgriffe der Aerzte sind ein un 
erschöpflicher Guell für den Witz der gefunden und den Groll der Kranken Menschen, 
aber der Zulauf, welchen der aller Studien und Kenntnisse ermangelnde Pfuscher findet, erklärt sich 
allerdings nicht bloß aus dem Mangel an Vertrauen im Publicum zu den Aerzten/sondern
	        
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