Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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sättigung mit dieser Materie bei mir schon jenen Grad erreicht hat, welchen 
sie zweifelsohne binnen 1 — 2 Jahren auch beim großen Publikum erreichen 
wird — leider, ohne bei diese m einen definitiven Nutzen zu hinterlassen, 
vielmehr nur um einer in nächster Zeit schon emporblühenden Empfänglichkeit 
für einen neuen wissenschaftlichen Schwindel Platz zu machen. 
Dürfte ich Ihnen zum Schlüsse noch einen Rat geben, so wäre es der: 
»Legen Sie das Mikroskop mal wieder eine Weile beiseite, lassen Sie Bak 
terien Bakterien sein oder auch nicht sein und sehen sich die Welt mal 
wieder mit bloßen, unbefangenen Augen an, denn — solche dauernden For 
schungen mit bewaffnetem Auge führen die Gefahr herbei, e i n s e i t i g zu 
werden, und zu übersehen, wie unendlich vieles noch rechts und links und 
über dem durchforschten Gebiete liegt!" 
Im Januar 1884. Der alte Skeptiker. 
Nachschrift im März 1884. 
Ehe vorstehendes gedruckt, hat Koch die Welt mit der Auffindung des 
„Cholerabazills" beglückt. Der „Kommabazill" ist also der Cho 
lera allem eigentümlich und seine alleinige Residenz der „Darm 
kanal". Im Magen geht er zu Grunde und man kann Tiere mit ihm 
füttern, ohne daß es möglich wäre, ihn dadurch in den Darm 
zu bringen. Und, „o Wunder!" so schließt Herr Koch: „Es müssen offenbar, 
damit die Bazillen in den Stand gesetzt werden, den Magen zu pas- 
siren und dann im Darm den Choleraprozeß hervorzurufen, 
noch besondre Umstände zu Hilfe kommen". Ja freilich, voraus 
gesetzt, daß er den „Magen passirt," um in seine ersehnte Residenz, 
den Darmkanal, zu gelangen! Aber er wird sich doch wohl hüten. denn er 
weiß ja, daß er „im Magen zu Grunde geht". Und die Choleradejektionen, 
der Darminhalt, welcher nach K o ch in der Wäsche, feucht erhalten, den Komma- 
bazill in so ungeheuren Massen sich vermehren läßt, und dadurch, wie Herr 
Koch meint, eine Erklärung für die „bekannte Thatsache" giebt, daß die 
„Cholerawäsche so häufig Veranlassung zur Infektion solcher Personen giebt, 
welche damit zu thun haben," sie werden doch, meines Wissens, von diesen 
Wäscherinnen nicht gegessen! Weshalb sollen sie also den Magen pas - 
siren, obgleich derBazill im selben allen Experimenten zufolge vernichtet 
wird! Offenbar, weil, wie Herr Koch sagt, „die Vegetation dieser Bakterien 
im Darmkanal nicht durch die Cholera bewirkt sein kann". (Ei, warum 
denn nicht? wenn auch nicht aus dem „Nichts", doch aus den vielen schönen 
Wesen, die d a sind, aus niedren Bakterien, Bazillen und dergl. ?) und somit 
(o! o! o!) nur noch die Annahme übrig bleibt, daß sie die Ursache 
(o! o! o!) der Cholera sind!" Und dafür soll ihr Verhalten während 
der Krankheit sprechen, vor allem der Umstand, daß „ihr Vorkommen 
sich nur auf den Darmkanal beschränkt, also das Organ, welches 
der Sitz der Krankheit ist!" Fürwahr» Herr Koch ist Meister eben 
jener eigentümlichen Logik, welche ich oben bei Ihnen, Herr Doktor, schon 
mehrfach bewundert! Es ist jene Logik, die sich, wie es scheint, in der 
medizinischen Wissenschaft (!) eben seit jenem unglücklichen Jahr, — war 
cs nicht 1852? — herausgebildet, wo es einem preußischen Unterrichtsminister 
einfiel, die Medizin Studirenden vomStudiumdes co 11 egium 
1 ogicum z u entbinden. Seitdem haben sie sich offenbar, da nun einmal 
der bekannte homo sapiens, das Ursachentier, eine Art von Logik immer
	        
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