Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

58 
das Wasser als Heilmittel angewendet und 4 Wochen lang allein ohne 
Medizin und konsequent angewendet, wird diese wissenschaftlich 
totgesagte Patientin doch noch wiederhergestellt, dem Leben 
und der Gesundheit zurückgegeben! Das sonderbarste dabei ist, 
daß einer dieser Dresdner Äczte 12 Jahre früher ein Buch über „die 
therapeutische Anwendung de stalten Wassers bei fieber 
haften Krankheiten" herausgegeben, worin er unter anderem folgen 
des sagt: 
Wie der frühzeitige Gebrauch starker Dosen Calomel oder von Ipecacuanha in Brech 
dosen die Temperatur erniedrigen und niedrig halten, den Verlauf deS Falles 
mäßigen kann: ebenso und noch mehr vermag das kalte Wasser allein und früh 
zeitig angewendet, dieselben Wirkungen z n e r z i e l e n; ja es gelingt mittelst desselben 
den Fall zu verhindern, sich in einen schweren umzuwandeln und die beim 
Typhus gewöhnlich auftretenden Komplikationen ferne zu halten, die 
Rekonvaleszenz in eine leichtere und schnellere umzuwandeln — also immerhin 
eine gewisse Abkürzung der Gesamtdauer des Verlaufes zu erzielen! 
Und dieser Mediziner hätte im vorliegenden Typhusfalle so schöne Gelegen 
heit gehabt, diese herrliche Wirkung des Wassers sich bewähren zu lassen und 
dem Grafen Zichy sein Kind in derselben Zeit als gerettet zu übergeben, 
wo er dasselbe infolge von Nichtanwendung des Wassers mit seinen 
Kollegen als verloren erklären mußte! Und warum drang er im Be 
wußtsein seines besseren Wissens als zu Rat gezogener Consiliarius nicht 
ernstlich auf die Wasserbehandlung? Begreife das wer kann! Und 
was sagen meine Leser dazu, daß dieser selbige Mann, dem ich die vorige 
Nummer des „Naturarzt" wegen seines für ihn gewiß interessanten Inhaltes 
zusandte, mir dieselbe sofort mit folgender Bemerkung auf dem leeren Raum 
der Titelseite zurückgehen ließ? 
„Geht, wie ich auf mein Ehrenwort versichern und beschwören will, ungelesen zurück !" 
Ei, Ei! Ein schönes testimonium paupertatis! — Nicht so? Also hat 
vr. Brand vollständig Unrecht, wenn er, wie oven angegeben, meint: daß j e - 
der wissenschaftlich gebildete und gewissenhafte Arzt das Wasser 
antipyretisch anwenden und keinen seiner Kranken mehr durch das Fieber 
leiden oder gar zu Grunde gehen lassen werde! 
Aus Frankfurt a. M. schreibt mir unterm 16. v. Monats ein Abonnent 
folgendes: 
Als ich ansang Februar einige Bulletins über die Krankheit der Prinzessin Georg las, 
dachte ich: warum holen sie nicht den W. ? Als man mit Wasserbehandlung das Fieber 
nicht mäßigen konnte, sah ich ein, daß die gelehrten Herren alles nur halb oder 
Viertels thun oder dummes Zeug machen! Plötzlich entschloß ich mich, als ich 
von Kräfteabnahme las (von Delirium wurde hier nichts mitgeteilt), an Prinz Georg zu 
schreiben und ungefähr folgendes: 
Königl. Hoheit! Der Naturarzt Herr G. Wolbold in Oberlößnitz versteht sich auf die 
Wasserbehandlung von schlimmen Fieberzuständen re. viel besser, als irgend die gelehrten 
Herren Doktoren und Professoren! Wenn derselbe sofort geholt und ihm freie Hand 
gelassen wird, so dürfte die hohe Patientin sicher gerettet werden, falls die Krästeabnahme 
nicht zu weit vorgeschritten ist! Diesen Rat gibt aus Menschlichkeit und reiner Teil 
nahme Ew. königl. Hoheit re. E. v. W. 
Zwei Tage darauf war Pat. tot; kam also zu spät, hätte man es doch nicht gethan! 
Ich habe mit dieser Mitteilung gewartet, da ich voraussetzte, Sie würden im N.-A. die 
Sache nicht mit Stillschweigen übergehen; die Nr. 3 traf heute ein und bestätigte meine 
Vermutung ! Es ist wirklich wahr: diehohenHerrschaften, bei denen man alles 
machen könnte, sind am übelsten dran!!! 
Hierzu bemerke ich: wenn aber die hohen Herrschaften selbst vom Wasser 
absolut nichts wissen und lieber allopathisch behandelt vom Fieber leiden 
und zu Grunde gehen wollen, was fangen dann die armen Leibärzte
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.