Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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Ein trauriges Gegenstück liefert der am 30. v. M. einem Gehirnschlage 
erlegene einzige Sohn Vinzenz Paul unseres 1851 gestorbenen Vinzenz Prießnitz, 
des Gründers der Hydrotherapie in Gräfenberg. Dieser Sohn ist keines- 
Wegs in die Fußstapfen seines Vaters getreten, wie man wohl erwarten 
dürfte; er studirte zwar in Wien — die Staatsheilkunde, brachte es 
aber nicht bis zur Approbation und darauf folgenden Übernahme der väter 
lichen Heilanstalt von Weltruf, sondern verheiratete sich zu seinem Unglück 
schon während seiner Studienzeit mit der Tochter des Besitzers der Wasser 
heilanstalt in Reichenau, von welcher er aber nach einigen Jahren sich wieder 
scheiden ließ; er lebte bann ganz zurückgezogen von der Welt auf seinem Gute 
in Böhmischdorf und kam selten nach Gräfenberg, um nach seiner ererbten Heil 
anstalt und deren Besuchern zu sehen, welche er von einem Mediziner leiten 
und beraten ließ! Daß er so jung (37 Jahre) schon an einem Gehirnschlag 
gestorben, läßt uns vermuten, daß er es nicht mit der Wasserflasche 
gehalten hat! Und was konnte dieser vom Glücke wie wenig Sterbliche Be 
günstigte nicht leisten, wenn er in seiner Jugend nicht verhätschelt wor 
den. sein Vater nicht zu früh für ihn gestorben wäre! Von Wien als 
wohl examinirter und von Wissenschaft triefender Staatsmediziner nach Gräfen 
berg zurückgekehrt, konnte er doch im Geiste seines Vaters seine Patienten be 
raten, sich mehre opprobirte Assistenten halten und zu exakten Wasserärzten 
herschulen, wobei noch eine Klinik für Ärmere ihm die beste Gelegenheit ge 
boten haben würde! Statt dessen stirbt dieser einzige Sohn eines talentvollen 
Mannes, dem die Menschheit bis in die fernsten Zeiten Lob und Dank schul 
den wird, noch im Beginne des Mannesaltcrs, ohne der Welt auch nur den 
geringsten Dienst geleistet zu haben, während von seinem Vater mit Recht 
gesagt werden kann: „Was kein Verstand der Verständigen sieht, das übet in 
Einfalt ein kindlich Gemüt!" 
Briefwechsel für Mt und mit Men. 
Ab. in Mainz. Nicht ohne Interesse war für Sic der litterar. Krakehl, den vr. Müller 
gegen M. Securius in Wiesbaden ausführte (Beil, zu Nr. 4); die menschlichen 
Leichname will derselbe als D ü n g st o f f für die Pflanzenwelt benützen, welche bei der 
Verbrennung verloren gehen sollen! Weiß denn der gelehrte Mann nicht, 
daß bei der Verbrennung ebenso wenig ein Atom entweichen und verloren 
gehen kann, wie bei der Beerdigung? Diese Frage läßt sich lediglich beurteilen nach dem 
persönlichen Geschmack und Gefühl der Einzelnen! Wer den ckclyasten Zustand der Ver 
wesung und des Wurmfraßes für schöner hält, als die Auflösung durch die Flamme, 
der mag immerhin bei seinen Vorstellungen bleiben; die Verbrennung hat nur für die 
Lebenden, nicht für die Toten Bedeutung! 
vr. Loh in Brunnthal. Sie fragen : woher kommt es, daß sich die Bestrebungen 
der Physiater nicht in Einem Organ zusammenfassen, sondern sich in verschiedene 
Organe zersplittern, welche einen zu ausgesprochenen Lokal-Charakter haben! Hat 
man Ihnen in ersterer Richtung früher nicht Anträge gemacht? Ich glaube nämlich, daß 
die Redaktion in einer Hand und im ältesten bewährten Blatte der Sache den meisten 
Nutzen gebracht hätte! Antwort: Zuerst ging von Chemnitz aus Anfangs der 70er Jahre 
die Ansrage an mich, ob ich wohl in jeder Nr. des „N.-A." einen gewissen Raum für Ver 
einsangelegenheiten abgeben wolle, wenn man denselben zum Vcreinsorgan machen würde? 
Ich ging mit Vergnügen daraus ein, doch zog man bald vor, ein eigenes Blättle (die 
Canitzsche Zeitschrift) zu gründen, welches ich dem „N.-A." beilegte; dann trat Kollege 
Hahn Mitte der 70cr Jahre mit 3 neuen Monatsschriften zumal auf die Bildfläche, kon- 
zcntrirte sich aber nach 2 Jahren schon wieder rückwärts, unter der Bedingung, seinen 
Namen künftig auf dem „N.-A." als Mitredaktcur prangen zu sehen; nun kommt noch seit 
Neujahr der „ V o l k s a r z t", im Format ganz so wie der „N.-A." als Konkurrenzblatt 
der Canitzschen Zeitschrift, welche einem gewissen Mäcenas nicht mehr gefallen will! — Es 
ist allerdings bezeichnend für unsere Leute, daß sie nicht besser zusammenhalten und ein
	        
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