Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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Am darauf folgenden Tage war eine erhebliche Abnahme aller oben bezeich 
neten Erscheinungen deutlich zu erkennen. Die vollständige Heilung ließ ferner 
nicht volle zwei Tage auf sich warten. 
Wollten Sie nun, verehrter Herr, darauf mir entgegenhalten, daß in dem 
soeben in groben Umrissen geschilderten Falle die unzweckmäßige Handhabung 
der hydrotherapeutischen Apparate seitens Ihres Herrn Konkurrenten allein 
den Mangel an Erfolg verschuldet habe, und daraus nach Eintritt der homöo 
pathischen Behandlung die Heilung spontan erfolgt sei, so würde ich mir dies 
ohne Widerrede gefallen lassen; so wie ich denn auch von obigem Falle an 
dieser Stelle zum erstenmale öffentlich berichte, da die Absicht mir fern lag. zur 
Herabsetzungdes hydrotherapeutischen Verfahrens von demselbenGebrauchzu machen. 
Es sollte überhaupt bei ernster philosophischer Behandlung irgend welches 
wissenschaftlichen Gegenstandes zum Behufe der Beweisführung, durch welche 
ein Satz von allgemeiner Geltung gestützt zu werden vermag, auf den ver 
einzelten Fall deshalb ein so großes Gewicht nicht gelegt werden, als es 
gemeiniglich zu geschehen pflegt, weil die Vollständigkeit der Beob- 
a ch t u n g, worauf es ankommt, nur höchst selten, vielleicht niemals, erreicht 
wird. Dazu kommt noch, daß bei dem einzelnen Beobachter der Wille und 
dessen Bejahung in irgend einer Richtung mehr oder weniger mit im Spiele 
ist und die Erkenntnis trübt. Man sieht eben vorzüglich, wie ich weiter oben 
Ihnen anzudeuten bereits mir erlaubt habe, was der Bejahung des Willens 
Vorschub leistet; was sie einzuschränken droht, sieht man nicht, oder was noch 
schlimmer ist und weit von der Wahrheit abführt, man ignorirt es. Nur 
wer die Kraft der Entsagung übt, wird zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen 
(nur nicht mit der Geschwindigkeit wie — Bellachini), und die Menschenliebe, 
also abermals Entsagung, wird ihn lehren, sie praktisch zu gestalten. 
So wollen wir, die wir auf den verschiedenen Gebieten der Heilkunst 
thätig sind, denn lieber znm Wohle der Kranken, wie zur Förderung der 
wissenschaftlichen Erkenntnis, unsere Kräfte ineinander wirken lassen und einer 
vom anderen lernen, statt uns, einer auf Kosten des anderen, anzugreifen und 
Ans unserer Sufficienz voreilig zu rühmen. 
Darum — Hand her! und — Schwamm drüber! 
Genehmigen Sie, verehrter Herr, die Versicherung meiner vorzüglichen Hoch 
achtung, mit der ich die Ehre habe, mich zu nennen 
Ihren ganz ergebenen 
Dr. von Villers ssn. 
^ (Nachschrift folgt in nächster Nummer. D. R.) 
Die weiße Schenkelgeschwulst. 
(Phlegmasia alba dolens.) 
Zwei Krankengeschichten mitgeteilt von Schmidtbaucr, Schulleiter in Schwanenstadt, Oberöst. 
Ausgehend von der Ansicht, daß eine veröffentlichte Krankengeschichte, fach- 
getreu mitgeteilt, aufklärender auf den Leser wirkt, wie langatmige, theoretische 
Erörterungen von Krankheitsformen u. s. w., gehe ich daran, den Krankheitsfall 
meiner Frau zu erzählen. Dieser Abschnitt meines Lebens ist mir der qual 
vollste, den ich je durchgemacht, denn während diese an der genannten Wochen 
bettskrankheit laborirte, lag meine gute, alte, unvergeßliche Mutter auf dem 
Sterbebette, getrennt von mir durch mehre Stunden. Ich eilte daher bald 
dorthin, um. die dem Tode entgegensehende zu trösten, ihr noch die letzten
	        
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