Volltext: Der Naturarzt 1883 (1883)

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würdige Tischnachbarin, Fräulein B., bildete, und in welchem ich selbst bie und 
da die Rolle des vielerfahrenen Odysseus zu spielen versuchte. Ob mit Glück, 
— wer kann das sagen — wenigstens bin ich keinem Zyklopen Polyphem be 
gegnet und selbst die tapfern Ritter vom Geiste, das litterarische Doppelgestirn 
der Zwillingsbrüder St. hat mich stets nur mit anerkennenswerter Kourtoisie 
bekämpft. Wer weiß, ob ich sonst nicht dennoch unterlegen, trotzdem die hehre 
Kalypso ihre schützende Hand über mich hielt — der Schutzgeist des Ganzen, 
das ewig unermüdliche, den Kranken Hoffnung, den Verzagten Mut, den 
Hypochondern neuen Frohsinn und Allen Vertrauen auf die Zukunft ein 
flößend, selbst trotz ihrer 65 Jahre in blühender Gesundheit dahinschwcbende Fräu 
lein F e l l i n g e r. Einen herzlichen Gruß allen damaligen Badegenossen! und 
Vivat, kloroat, crescatWaldesheim! 
Authentische Mitteilung über die hqdropathische Behandlung 
-es an Lungenentzündung erkrankten und kürzlich 
gestorbenen Grosther;ogs non Mecklenburg. 
Von einem alten Anhänger des Wasserheilverfahrens. 
Vorbemerkung der Redaktion. 
Ein alter Wasserfreund in B., der seit seiner Kur in Gräfenberg vor vielen Jahren 
nunmehr alljährlich ein paar Wochen zwecks Erholung dort zubringt, traf kürzlich den ihm 
bekannten Gräfenberger Vadediener E., welcher gerade von Schwerin zurückkehrte, zufällig 
auf einer Eisenbahnfahrt und erfuhr von ihm auf seine Frage: „Woher? wohin?" —: 
daß er eben von Schwerin zurückkehre, wohin er zwecks Behandlung des Großherzogs von 
Dr. Schindler gesandt worden sei, worauf derselbe ihn bat, ihm doch über alle Vor 
fälle daselbst zu berichten, was auch sofort geschah; zu Hause angekommen, schrieb er das 
Gehörte sofort nieder und schickte mir die Blätter zu, es mir anheimstellend, davon für 
den „N.-A." beliebigen Gebrauch zu machen. Ich lasse nun wörtlich abdrucken, was ich 
erhielt und werde zum Schluß auf mehrfaches Verlangen (s. Briefwechsel) noch einige 
Worte über das Pathologische der L u n g e n e n t z ü n d u n g und deren hydrotherapeu 
tische Behandlung beifügen. 
Badediener Ermler, welcher den Großherzog bei seinen Besuchen in 
Gräfenberg gewöhnlich bediente, erzählte dem Herrn wörtlich folgendes: 
,,Wie ich während meiner Anwesenheit in Schwerin erfuhr, wohnte der 
Großherzog den am 6. und 7. April stattgefundenen Militärparaden bei, während 
welchen ein heftiger Wind herrschte, und wobei er sich schon etwas erkältete. 
Das Unglück wollte aber, daß in der Nacht vom 8. auf den 9. in der Stadt 
ciu großes Feuer ausbrach, bei welchem sich der besorgte Landesvater sogleich 
einfand, die nötigen Anordnungen selbst leitete, echauffirte und stark erkältete. 
Am nächsten Vormittag, dem 9. April, wollte der Großherzog die projektirte 
Reise nach Italien zu seinem in Mentone weilenden Sohne antreten. Da 
packte ihn aber kurz vor der Abreise der erste starke Fieberschauer und ver 
schlimmerte sich sein Zustand derart, daß die bereits beladenen Bagagewagen 
wieder abgepackt werden mußten. Als sich^der hohe Herr am nächsten Tage 
bedeutend schlechter fühlte, wurde an Dr. Schindler nach Gräfenberg tele- 
graphirt wegen sofortigen Herkommens; da derselbe gerade selbst bettlägerig war, 
so verordnete er Kur per Draht und ließ noch detaillirten Brief unmittelbar 
folgen. Am 12. kam Telegramm mit dem Ersuchen um Absendung eines 
Badedieners nach Schwerin. Herr Dr. Schindler ließ mich, mit den 
nötigen Instruktionen versehen, allsoglcich nach Zicgenhals zur Bahn bringen, 
von wo ich um 5 Uhr nachmittags abfuhr und den nächsten Tag mittags
	        
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