Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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nährung zu steigern, überhaupt den wohlthätigsten Einfluß auf dieselben aus 
zuüben. Daß auch Kaffee, Thee, Spirituosen und andere Reizmittel, welche 
ebenso wie das kalte Wasser die Nerventhätigkeit für kurze Zeit erhöhen, auf 
die Dauer keine Stärkung erzeugen können, liegt auf der Hand. Wirkliche 
Kräftigung des Nervensystems erzielt man nur durch richtige Hautpflege, passende 
Nahrung (obenan Milch und Ei), sauerstoffreiche, reine Luft, angemessene 
Wärme, sonnige Wohnung, fleißige Bewegung im Freien und gehörige Ruhe. 
Einen hochwichtigen Abschnitt der Hygieine bildet die Pflege der Sinne, 
denn sie sind die Pforten, durch welche neues Wissen in unser Inneres einzieht, 
die Brücken, die unsern Geist mit der Außenwelt verbinden; ohne normale 
Sinnesthätigkeit giebt es kein, gesundes psychisches (geistiges) Leben. Sehen, 
Hören, Riechen, Schmecken und Tasten findet nur dann in richtiger Weise statt, 
wenn entsprechende Sinneseindrücke auf normale Sinneswerkzeuge einwirken 
und die verursachten Reize durch die Sinnesnerven ordentlich zum gehörig 
funktionircnden Gehirn hingeleitet werden. Dort veranlasse» sie die Bildung 
von Vorstellungen, Begriffen, Urtheilen und Schlüssen, bringen uns zur Er 
kenntniß der Dinge und Erscheinungen in der Natur und machen uns verständig. 
Unser ganzes Wissen beruht auf Erfahrung, und diese läßt sich einzig und 
allein durch die Sinne gewinnen. Thuen wir also Alles, was in unseren 
Kräften steht, diese Hauptwerkzeuge unser es Geistes durch zweckmäßige Benutzung 
und Uebung auf's Sorgfältigste auszubilden, sie richtig zu ernähren und alle 
nachtheiligen Einflüsse von ihnen fern zu halten. 
Der edelste unserer 5 Sinne ist iwr Gesichtssinn und der Apparat, der die 
Lichtempfindung zu unserem Bewußtsein bringt, das Auge, verlangt die ein 
gehendste Pflege. Jedenfalls trägt die Unkenntniß von dem, was ihm schadet 
oder nützt, die Schuld an der betrübenden Thatsache, daß in unserer Zeit täg 
lich die Zahl derer wächst, denen Gcsichtsschwäche die Erfüllung ihrer Berufs- 
pflichten erschwert und den Genuß des Lebens vermindert. Es muß deshalb 
auch unsere heilige Pflicht sein, den Augen unserer Kinder schon von ihrer Geburt 
an, vorzüglich aber während der Schulzeit, die allergrößte Aufmerksamkeit zu 
widmen. Staub, Rauch, Tabaksqualm, scharfe Dünste, jäher Wechsel von 
Hitze und Kälte, Hell und Dunkel, grelles und unstätes Licht üben einen sehr 
ungünstigen Einfluß auf unser Sehorgan aus, ebenso wirken schädlich auf das 
selbe: niederschlagende, langdauernde Gemüthsbewegungen, häufiges, anhalten 
des Weinen, heftige Leidenschaften, öfteres Nachtwachen, sowie Alles, was Blut 
andrang nach dem Kopfe hervorruft, also namentlich der unmäßige Genuß von 
Spirituosen, zu enge Halsbinden und ganz besonders auch kalte Füße. Beim 
Lesen, Schreiben, Zeichnen, Sticken rc., was niemals bei Dämmerung oder 
trüber Beleuchtung vorgenommen werden darf, muß man vermeiden, den Kopf 
zu sehr vorwärts zu neigen und das gesunde Auge näher als 25 bis 30 ein 
dem zu sehenden Gegenstände zu bringen, sonst entsteht (bis zum 20. Lebens 
jahre) recht leicht Kurzsichtigkeit. Wie sehr deren Entwickelung von der Art 
und dem Grade der Beschäftigung abhängt, lehren die Resultate der Cohn- 
scheu Untersuchungen von 10 000 Schulkindern, 500 Studenten und den Schü 
lern der Breslauer Gymnasien. Es fanden sich nämlich unter 100 Schülern: 
in den Dorfschulen 
„ „ Elementarschulen 
in Mittelschulen . . . 
in höheren Töchterschulen 
in Realschulen . . . 
in Gymnasien . . . 
5,2) 
14.7 
19,2 « t . ,, 
2 19 > Kurzsichtige. 
244 
31.7
	        
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