Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

zu grell beleuchtet und wenn irgend möglich nach Mittag oder Morgen gelegen 
sei. Ferner haben wir auf eine bequeme Lagerung unseres Körpers Bedacht 
zu nehmen. Wir brauchen dazu ein Beth das gehörig breit und lang, weder 
zu weich noch zu hart, mit einer Roßhaar- oder Seegras-Matratze als Unter 
lage und eben solchem keilförmigen Kochkisten ausgerüstet, und für den Sommer 
mit leichter wollener oder wattirter Zudecke, für den Winter mit dicker Flanell 
decke oder dünnem Federbett versehen ist. Daß das Bett täglich mehre 
Stunden lang ordentlich ausgelüftet, die Bettwäsche fleißig gewechselt und vom 
Schlafenden eine leichte, weite Kleidung getragen werden muß, versteht sich von 
selbst. Als naturgemäßeste Lage für den Gesunden empfiehlt sich die auf dem 
Rücken mit mäßig erhöhtem Kopfe. Streng zu vermeiden sind kurz vor dem 
Schlafengehen: reichliche Mahlzeiten, aufregende Lektüre und heftige Gemüths 
bewegungen. Die Dauer des Schlafes hat sich nach dem Grade der Ermü 
dung, nach der Constitution und dem Alter zu richten. Je anhaltender und 
angestrengter unser Gehirn thätig war, um so länger muß es ruhen. Im All 
gemeinen bedürfen gesunde Erwachsene täglich 6—8 Stunden Schlaf, Frauen 
und Greise etwas mehr, Kinder sogar 10—12 Stunden. 
Was von der Pflege des Gehirns gesagt wurde, gilt in gleicher Weise für 
die Nerven. Auch sie verlangen zur Erhaltung ihrer normalen Erregbarkeit: 
Vermeidung anhaltender, widernatürlicher Anstrengungen und Ueberreizungen, 
sowie eine zweckmäßige Abwechselung zwischen Arbeit und Ruhe, vor allen 
Dingen aber eine ordentliche Ernährung. Diese ist aber nur bei einem guten, 
mit einer gehörigen Menge von Nahruugsflüssigkeit und Sauerstoff versehenen 
Blute möglich. Die allermeisten Störungen und Erkrankungen im Bereiche 
des Nervensystems lassen sich auf abnorme Blutmischung zurückführen. „Mit 
Schmerzen," sagt Romberg, „bettelt der Nerv um gesundes Blut". Gesund 
bleibt unser Blut durch richtige Pflege der Haut und der Athmuugsorgane, 
durch Mäßigkeit im Essen und Trinken und durch fleißige Bewegung im Freien, 
wie dies Alles bereits besprochen wurde. Am eifrigsten sollte das schöne Ge 
schlecht eine rationelle Nerven-Diätetik üben, denn eine Frau mit kranken Nerven 
ist ein wahres Kreuz für ihren Mann, eine schlechte Erzieherin ihrer Kinder, 
der Schrecken aller Dienstboten! — Warnen will ich an dieser Stelle noch 
mals recht eindringlich vor dem kalten Wasser, das leider noch von Vielen als 
Nervenstärkungsmittel angewendet und angepriesen wird, während es in Wahr 
heit nicht anders wirkt, als die Peitsche bei einem müden Pferd und für 
Schwächliche und Blutarme geradezu Gift ist. Mögen auch junge, starke, voll 
saftige, gesunde Personen selbst bei jahrelang fortgesetzten Kaltwasserproceduren 
keine nachtheiligen Folgen für ihr Nervensystem spüren, zuletzt niachen sich die 
selben doch fühlbar, denn Kälte reizt und jeder Reiz bedingt in unserem Or 
ganismus eine Erschlaffung. Je kräftiger, länger und öfterer nun unsere Ner 
ven gereizt werden, um so größer und nachhaltiger muß die Ermüdung der 
selben sein und so kommt es auch, daß bei Kaltwasserfanatikern, nachdem sie 
zu inimer niedrigeren Temperaturen herabgestiegen, um das allmälich verloren 
gehende verführerische Gefühl des Wohlbehagens nach kalten Douchen, Bädern 
und Abwaschungen nicht ganz einzubüßen, schließlich die Erregbarkeit und Thätig 
keit des Nervensystems mehr oder weniger erlahmt und ein Zustand eintritt, 
in dem die Beklagenswerthen sich und Anderen zur Last leben. Braucht man 
dagegen das Wasser zur Pflege der Haut in mittleren Temperaturen (nicht 
unter -j- 16" B. und nicht über 24" B.) wie es jetzt alle vernünftigen Hygiei- 
niker empfehlen, so darf man sich darauf verlassen, niemals ähnliche Erfah 
rungen zu machen, wohl aber durch mäßige Anregung der Nerven deren Er- 
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