Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

sämmtliche Fenster Tag und Nacht offen standen. Schon am Tage darauf hatte sich das 
Fieber vermindert, die Blattern waren größtenteils verschwunden, und nach acht Tagen 
konnten die Patienten als vollständig geheilt entlassen werden. 
Bekanntlich haben die Aerzte früher — und viele approvirte Heilkünstler 
thun es heute noch!! — ihre fiebernden Kranke, also auch ihre Pockenpatienten, 
in geheizte Zimmer gesperrt, in dicke Federbetten gelegt, mit heißen Speisen 
und Getränken sowie ganz unnützen und schädlichen Arzneien gefüttert und 
dadurch sehr Viele vor der Zeit auf den Kirchhof gebracht, bis der Land 
mann Prietznitz auf Gräfenberg vor 50 Jahren schon den studirten Herren zeigte, 
w i e man solche Kranke, deren Lcbensprozeß ein beschleunigter geworden, zu 
behandeln hat, um denselben wieder zur Norm zurückzuführen. Wenn also 
obiges Ereigniß zu Posen, daß ein Pockenkranker aus dem heißen Kranken 
zimmer in's kalte Freie sich flüchtet und dadurch nicht den sofortigen Tod 
sich zuzieht, wie man glauben möchte, sondern auf den Weg der Besserung 
gelangt, auf den ihn seine Spitalärzte durch ihre verkehrte Behandlung nicht 
zu bringen vermochten, — denselben erst einen Fingerzeig giebt, wie sic der- 
Kranke besser zu behandeln haben, so muß man wirklich staunen, daß 
dieses Prinzip der Kälteanwendung — mit Wasser und Luft — noch 
e u ist, da es jetzt doch wahrlich 50 Jahre her sind, daß P r i e ß n i tz lehrte: 
den Fiebernden frische Luft bei Tag und Nacht zum Athmen, frisches Wasser 
zum Trinken und Baden zu geben, wodurch dem erhöhten Verbrennungsprozeß 
am ehesten Einhalt gethan wird; denn wo es brennt, muß man löschen, resp. 
kühlen! Daß dies durch weitere Anwendung feuchtkalter Ganzpackungen, 
kühler Halbbäder, kühler, reizloser Diät noch besser geschieht, dürfte den 
Lesern aus früheren Jahrgängen bekannt sein; ich will daher blos noch be 
merken, daß wir uns trotz Impfung und Wiederimpfung auf zahlreiches Auf 
treten der Pocken gefaßt machen dürfen, da erfahrungsgemäß nach harten und 
langen Wintern in .Folge der üblichen verkehrten Lebensweise viel Krankheits 
stoff in den Menschenleibern sich angesammelt hat, der dann ein geeigneter 
Boden für Ansteckungsstoffe jeder Art wird! Und bereits melden die Tages- 
blätter, daß in verschiedenen großen Städten die Pockentodesfülle zunehmen, 
trotz der massenhaften Impfung und Wiederimpfung! So ist's recht, dieser 
medizinische Betrug muß doch endlich auch au's Tageslicht kommen, trotz 
aller heuchlerischen Machinationen eines Thilenius und Consorten. 
Aachruf. 
man die Gesundheit erst schätzen lernt, wenn man sie nicht mehr be- 
t es uns auch oft mit Menschen, die durch ihre Geschicklichkeit und Kennt- 
zu sagen unentbehrlich zu machen gemußt, ohne daß Jemand dies bemerkt 
t schätzen gelernt hat. Man gewöhnt sich eben daran, solche Leute im Fall der 
nd zu haben und glaubt, das verstehe sich von selbst. Wenn aber plötzlich 
lathgeber, solch ein Helfer in der Noth nicht mehr vorhanden, dann erst be- 
ch, was man gehabt; man fängt dann erst an, ihn zu schätzen; und ähnlich 
Bewohnern Mittweidas ergehen, wenn ihr N a t u r a r z t, Chirurg und 
st l e r, Herr Sperling, in Folge des für seinen regen Geist, seinen Thätig 
keitssinn zu kleinen Wirkungskreis M i t t w e i d a den Rücken kehren wird, um in Berlin 
einen seinen Kenntnissen und seiner Geschicklichkeit als N a t u r a r z t soivohl 
als auch als Chirurg und Z a h n k ü n st l e r mehr entsprechenden Wirkungskreis zu 
suchen. Alle, die seine sichere Prognose sowohl, als seine einfache, milde und mit außer 
ordentlichen Er folge u begleitete Heilweise kennen und schätzen gelernt, wer 
den ihn mit Schmerz vermissen und ausrufen: „Nun erst wissen wir, was wir an ihm 
verloren; er war Naturarzt im vo listen Sinne des Wortes, streng diät 
gegen sich selbst und bescheiden in jeder Hinsicht, ging derselbe seinen Patienten, wie Jeder 
mann mit bestem Beisviele voran und vereinigen wir uns Alle in dem einen
	        
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