Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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Bad nicht dauern, wenn cs wirklich nützen soll; nach demselben muß man sich 
tüchtig trocken reiben, schnell ankleiden und mindestens eine halbe Stunde 
spazieren gehen. Wer seine Haut in der angegebenen Weise richtig pflegt, der 
kann sicher sein, einer Menge von Krankheiten vorzubeugen, oder deren Ver 
lauf wenigstens milder zu gestalten. Letzteres gilt namentlich von den akuten 
Ausschlagskrankhciten, welche diejenigen Patienten, die eine rationelle Hautpflege 
genossen, fast ausnahmslos rasch und glücklich überstehen — eine Thatsache, 
die unserer Kinder wegen die größte Beachtung verdient. 
Aber der Mensch gehört nicht zu den Geschöpfen, die sich nur im Wasser 
wohl fühlen: sein eigentliches Element ist die Luft, und von allen Vorgängen 
in unserem Organismus bildet die Athmung den wichtigsten und allernoth- 
wcndigsteu; ihr Beginn bezeichnet unsern Eintritt in die Welt und mit ihrem 
Aufhören geben wir, wie Schiller sagt: „der Erde und der ewigen Sonne die 
Atome wieder, die sich zu Schmerz und Lust in uns gefügt". Deshalb muß 
ich das Kapitel der Hygieine, welches sich mit der Pflege der Athmung be 
schäftigt, etwas ausführlicher behandeln. Wie bekannt, besteht die Atmosphäre, 
die uns umgiebt und die wir athmen, aus mehren gasförmigen Stoffen, und 
zwar finden sich in 10 000 1 reiner Luft 2081 1 Sauerstoff, 7915 1 Stickstoff, 
4 1 Kohlensäure und eine geringe, sehr wechselnde Quantität Wasserdampf. 
Der wichtigste Bestandtheil davon ist der Sauerstoff, den wir auch Lebenslust 
nennen, weil ohne ihn kein organischer Körper zu existiren vermöchte; er hilft 
in unserem Leibe ebensowohl bei der fortwährenden Zerstörung wie bei der 
unaufhörlichen Neubildung der verschiedenen Substanzen (Stoffwechsel) und 
vermittelt dabei gleichzeitig die Beschaffung der nöthigen Eigenwärme. Beim 
Einathmen von 1000 Raumtheilen Luft erhält unsere Lunge 208 Theile dieses 
Gases, von welchen wir 160 wieder ausatbmen, also 48 Theile consumircn. 
Hat man in einer Flasche reinen Sauerstoff und bringt einen glimmenden 
Spahn hinein, so bemerkt man, daß derselbe sofort aufflammt und sehr schnell 
verbrennt. Ebenso würden sich Mensch und Thier in unverdünntem Sauerstoffe 
sehr rasch verzehren. Deshalb ist ihm in der Atmosphäre eine bedeutende 
Quantität Stickstoff beigemengt, von dem in unserer Lunge aber Nichts ver 
braucht wird. Wenn man in eine mit reinem Stickstoff gefüllte Glasbüchse 
eine hellbrennende Wachskerze hält, so verlischt das Licht augenblicklich; die 
muntere, lebenskräftige Maus, die man hineinsetzt, verendet in wenig Minuten. 
Auch der Mensch müßte in reinem Stickstoff ersticken. Der Hauptakt der 
Athmung spielt sich in den Lungen - Alveolen ab, so heißen die bläschenartigen 
Ausbuchtungen der trichterförmigen Säcke (Infundibula), mit welchen die letzten 
feinsten Verzweigungen der Luftröhren äste (Bronchien) blind endigen. Diese 
Bläschen, von denen ungefähr 1800 Millionen in der Lunge vorbanden sein 
sollen, werden von einem haarfeinen Adernetz dicht umsponnen, in dem das 
durch die Pulmonalarterie aus dem rechten Herzen nach der Lunge getriebene, 
unreine, zur Ernährung des Körpers nicht mehr taugliche, dunkel - blaurothc 
(venöse) Blut in langsamem Strome dahinfließt. Bei der Inspiration füllen 
sich die Alveolen mit atmosphärischer Luft, deren Sauerstoff die rothen, in den 
besagten Haargefäßen langsam rollenden Blutkörperchen begierig aufsaugen, 
während der Ueberschuß des hauptsächlich dem Blutwasser (Plasma) anhaftenden 
Kohlensäuregases, sowie des Wassers in die Bläschen abdunstet und bei der 
Exspiration ausgeathmet wird. Daß wir Wasser ausathmen, kann man leicht 
sehen, wenn man im Winter in der warmen Stube an die kalte Fensterscheibe 
haucht, an welcher sich in Folge der Zusammeuziehung durch die Kälte der 
Wasserdampf in Form kleiner Tröpfchen niederschlügt. Um zu zeigen, daß
	        
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