Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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Ueber persönliche Gesundheitspflege. 
Bon Dr. W. A l b c r t H a u p t in Chemnitz. 
(Fortsetzung.) 
Ich kann diese Abwaschungen, die im Sommer täglich, im Winter 
wenigstens einen Tag um den andern gemacht werden sollten, nicht dringend 
genug an's Herz legen und gebe die bestimmteste Versicherung, daß Jeder, 
der sich zu einem Versuche entschließt, sehr bald die wohlthätigsten Folgen an 
seinem Leibe spüren wird. Schon das außerordentlich angenehme Allgemein 
gefühl nach einer solchen Abwaschung und Abreibung, noch mehr aber die stetig 
wachsende Widerstandsfähigkeit gegen Witterungseinflüsse gewährt eine reichliche 
Entschädigung für die aufgewendete kleine Mühe. Zu der ganzen Manipulation, 
wie ich sie beschrieben, bedarf man bei einiger Uebung nur 5— 6 Minuten 
und so viel Zeit vermag gewiß Jeder der Pflege seiner Haut zu widmen. 
Fange man mit lauem Wasser von 24® R. an und gehe man jede Woche um 
1 Grad herunter, bis man auf die Normaltemperatür von 18 °R. gekommen 
ist; im Sommer kann man dann sogar das Wasser nehmen, wie es die Nacht 
über im Zimmer gestanden hat. Wasser unter 16°R. anzuwenden, widerrathc 
ich ganz entschieden, denn es kräftigt die Hautnerven nicht, sondern reizt sie zu 
stark und, da nach jedem Reiz eine Erschlaffung folgt, so wird die Haut nicht 
abgehärtet, sondern über kurz oder lang nur empfindlicher. Kaltes Wasser 
(unter 12° R.) kann bei gewissen akuten Krankheitsfällen ein großes Heilmittel 
sein; lange Zeit gebraucht, schadet es mehr als es nützt, und zur Erhaltung 
einer gesunden Haut taugt es ganz und gar Nichts. Kaltwasserfanatiker er 
scheinen daher, namentlich wenn sie nicht mehr jung sind, nicht selten sehr 
empfänglich gegen Wittcrungscinflüsse und sterben oft an Schlagfuß. So lernte 
ich z. B. vor längerer Zeit eine ältere Dame kennen, die wegen eines Frauen 
leidens 7 Jahre lang von Prießnitz behandelt und durch die lange fortgesetzten 
Kaltwasser-Applikativnen so empfindlich geworden war, daß sie bei schlechtem 
Wetter wegen rheumatischer Schmerzen das Zimmer hüten mußte und Aender 
ungen in der Witterung schon 24 Stunden vorher in ihrem Körper spürte. 
Ebenso warne ich aber auch vor Vollbädern (wo das Wasser bis unter die 
Arme oder gar bis an's Kinn reicht) mit einer Temperatur von mehr als 
27° R., namentlich wenn sie über 5 Minuten ausgedehnt und nicht von kühlen 
Uebergicßungen gefolgt werden; sie veranlassen sehr häufig Erkältungen und 
wirken, oft angewendet, außerordentlich erschlaffend auf das ganze Hautleben. 
Was kühle Vollbäder in Flüssen, Teichen, Seen und im Meere be 
trifft, so bieten dieselben, wenn das Wasser mindestens 16° R. hat, für Jeden, 
der gesund und kräftig und dessen Haut gut gepflegt ist, eine herrliche Erquick 
ung und können nicht warm genug empfohlen werden. Nur sind dabei einige 
Vorsichtsmaßregeln zu beobachten. Vor Allem darf man nicht durch Laufen, 
Springen oder sonstige große körperliche Anstrengung erhitzt, in's Wasser gehen, 
wohl aber muß bei ganz ruhigem Athem und Herzschlag die Haut recht warm 
sein. Je stärker man schwitzt, um so kräftiger wirkt das Bad. gerade so wie 
im irisch-römischen oder Dampfbad ein Haupteffekt in den kalten Douchen 
/ liegt, die man auf die heiße, mit Schweiß bedeckte Haut applicirt. Geradezu 
verkehrt und das allerbeste Mittel, sich zu erkälten, ist die weitverbreitete Ge- 
, wohnheit, sich vorher langsam zu entkleiden und abzukühlen. Ehe man in's 
Wasser springt oder steigt, thut man wohl, Stirne, Brust und Achselhöhlen 
naß zu machen, dann aber rasch einen Moment ganz unterzutauchen und sich 
nachher recht kräftig zu bewegen. Länger als 2—3, höchstens 5 Minuten darf das
	        
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