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Nahrungsstoffe in ihren Grundzügen festgestellt; nun zeigt aber die Erfahrung, daß nicht
alle Nahruugsstoffe g l e i ch g u t resorbiren, im Gegentheil sehr verschiedene Mengen als
unverdaut mit dem Kothe entfernt werden. Verfasser theilt nun (S. 37—50) 13 ver
schiedene Versuche mit Nahrungsmitteln und ihre Ergebnisse mit, woraus er dann folgenden
Schluß zieht: daß die a n i m a l i s ch e n Nahrungsmittel viel leichter resorbirt werden,
als die vegetabilischen; bei Fleisch und 'Eiern erscheinen nur kleine Mengen Koth mit
geringem Wassergehalt; bei Aufnahme von Schwarzbrod, Kartoffeln, grünen Gemüsen
dagegen ganz kolossale Kothmengen mit großem Wassergehalt; offenbar werde der
menschliche Darm durch diese Nahrungsmittel überbürdet und dürfe man daher geschwächten
Verdauungsorganen nicht viel Gemüse und Wurzelkost zumutheu. Von den animalischen
Nahrungsmitteln werde die Milch von Erwachsenen am schlechtesten ausgenützt, umge
kehrt stehen manche vegetabilische wie Reis, Weißbrod, Mehlspeisen in Bezug auf
Verwerthung den animalischen f a st gleich; doch sei mit Vegetabilien allein —
abgesehen von den Hülsefrüchten — ein kräftiger Körper st and kaum möglich (?).
Beachtungswerth sei auch der Fingerzeig, daß Fleisch bei Gegenwart von Brod
schlechter ausgenutzt werde. (Dr. v. Düring läßt seine Zuckerkranken Mittags zum
Fleisch kein Brod genießen, wie ich zu meiner Verwunderung bei ihm gesehen habe!)
Im Kap. 4. In der Bibel stehe: Gott schuf den Menschen aus einem Lehmkloß!
lind in der That entstamme unser Körper zum Theil dem Boden, ja er sei gar nicht
denkbar ohne gewisse Bestandtheile desselben und diese nenne man Salze oder Mineral-
st o f f e; sie bleiben beim Verbrennen als Asche zurück, gehören der anorganischen
Welt an, während der organische Theil buchstäblich in Rauch aufgehe, seine Elemente an
die Luft abgebe, welche sie den Pflanzen auf dem Erdboden wieder als Nahrungs
stoffe zuführe, durch welche w i r sie und durch das Wasser erhalten haben und ohne die
wir nicht bestehen können.
Im Kap. 5, Genußmittel heißt es, daß dieselben geringes Material für den
Körperbau liefern und doch für die Processe der Ernährung wie für andere Functionen
wesentliche Kräfte leisten ; sie seien der S ch m i e r e bei Bewegungsmaschinen ähnlich, welche
auch nicht die Dampfkraft ersetze, aber dieser zu einer viel leichteren und regelmäßigeren
Wirksamkeit verhelfe und der Abnutzung der Maschine vorbeuge. Dieselben steigern
die Arbeitsgröße. Man kennt 2 Gruppen — solche, welche stickstoffhaltige, soge
nannte organische Basen enthalten, wie Fleischbrühe, Thee, Kaffee, Ehoco--
lade, Tabak und die Spirituosen (Alkohol enthaltend).
Früher nahm man an, daß der Alkohol leicht vom Sauerstoff ergriffen werde,
daher die übrigen Nahrungsmittel verschont bleiben und Länger vorhalten; jetzt weiß man,
daß der größte Theil des genossenen Alkohols unverändert, durch den Geruch erkennbar,
durch Lungen und Haut wieder ausdünstet. Die Physiologen führen das jetzt als
einen Grund an, weshalb ein vom Alkohol Berauschter in kalter Luft leicht einem Schlag
anfall unterliege, was daher rühre, daß beim Hinaustreten aus dem warmen Zimmer in
die kalte Winterlust die Hautaasdünstung gehemmt werde, die Poren sich durch den Kälte
reiz verschließen und der Alkohol mit seinen giftigen Wirkungen somit im Blute ver
bleiben müsse. Somit müsse man vom Alkohol als Nahrungsmittel resp. Sparmittel der
Gewebe abstehen; dagegen sei sicher, daß er das Nervensystem errege und das
Blut lebhafter circuliren mache und die Hautgefäße erweitere, wodurch die Wärme
besser ausströmen könne und innere Abkühlung erfolge.
Und von diesen Eigenschaften des Alkohols mache man in neuester Zeit Gebrauch,
indem man die Fieber kranken ziemlich starke Spirituosen trinken lasse, wornach man
eine bedeutende Herabsetzung der Körpertemperatur erziele; wer das noch vor 10
Jahren gesagt hätte, daß man einem Fieberkranken starken Wein verabreichen solle, um
sein Fieber zu mildern, der würde als reif für die Irrenanstalt erklärt worden sein !!
Was dem Alkohol Gutes und Schönes nachgesagt werden kann, bezieht sich nur auf geringe
Dosen; starker Alkohol, anhaltend und reichlich genossen, zerstört schließlich den Körper.
Im Kap. 6, „Ruhe und Arbeit" heißt es: Wenn auch die Ausscheidnngs-
producte kein absolutes Maß des- Stoffwechsels darstellen, so kann man doch
aus ihrer Menge auf die Energie des Stoffwechsels im Allgemeinen einen Rück
schluß ziehen , wobei H a r n st o f f ebensogut in Betracht kommt, als die Kohlen
säure! — Ueberdenkt man sich das Ganze, so muß man sich sagen, daß der
Stickstoff ganz unverdientermaßen in den Vordergrund getreten ist, daß im Gegentheil,
dem Kohlenstoff für die Ernährung der Vorrang zukommt. Die Bedeutung des
Stickstoffes soll deshalb nicht unterschätzt werden, aber die alte Schule hat ihn jeden
falls überschätzt, weil sie davon ausging, der Stoffwechsel z e r st o r e die bereits organisirto
Substanz. Wir haben heute kein Recht mehr, den Nährwerth eines Nahrungsmittels nach
seinem Stickstoffgehalt zu bemessen, und sind damit nicht mehr dem H o h n g e l ä ch t e r der