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er sich entschlossen, die Vorträge zu erweitern, um dem Leser den Stand der
Frage bis zur heutigen Stunde vorführen zu können. Die ganze gebildete
Welt sei berufen, an der Ernährungsfrage mitzuarbeiten, denn das praktische
Leben müsse den Theorien controllirend zur Seite stehen!
Das sauber ausgestattete Schriftchen ist in 10 Kapitel eingetheilt mit fol
genden Ueberschristeu:
1. Die grundlegenden Versuche neuerer Forscher; 2. Gegensätze zwischen alter und neuer
Theorie; 3. die organischen Nahrungsmittel und ihre Ausnutzung; 4. die unorganischen
Nahrungsstosfe und die Salze; 5. die' Genußmittel; 6. Ruhe und Arbeit; 7. Einfluß des
Klimas; 8. wie sollen wir unsere Nahrung zusammensetzen? 9. Zusammensetzung der
gewöhnlichen Nahrungsmittel; IO. Kinderernährung.
Im Kap. 1 ist die Quintessenz folgende: — Wir sagen heute: Stärke, Zucker und Zellstoff wan
deln sich niemals im Körper in Fett um, sondern das abgelagerte Fett entsteht entweder
aus dem zerfallenden Eiweiß oder ans dem Fette der Nahrung. Dabei bleiben die alten
Sätze der Praxis ruhig bestehen: Kohlenhydrate bewirken Fettansatz und die Fettablagerung
wird durch die Gegenwart von Fett gefördert, nur heißt es weiter jetzt: es wird Fett
abgelagert, wenn die Kohlenhydrate so reichlich zugegen sind, daß das aus dem Eiweiß
abgespaltene oder in der Nahrung enthaltene Fett vor dem Zerfall beschützt wird. Im
Kap. 2. Der Liebig' sche Satz über die Ernährung lautete: Ohne eine bestimmte
äußerlich sichtbare Arbeit findet an allen Punkten des Körpers ein steter Verzehr und
stete Neubildung statt; der Stofs der Körpermasse wechselt unaufhörlich und dieser
Stoffwechsel heißt „Lebe n"; zur Erneuerung der zerstörten Organmasse dienen die
plastischen (stickstoffhaltigen) Nahrungsmittel. Da wir beständig Sauerstoff ein-
athmen und Kohlensäure und Wasser aus athmen, so muß in unserem Innern fortwährend
eiu Verbrennungsproeeß stattfinden; Herd desselben ist das Blut, das Brenn
material bilden die stickstofffreien respiratorischen Nahrungsmittel und zwar
verbrennt das Fett am leichtesten, dann die Kohlenhydrate, welche sich aber erst in Fett
umwandeln müssen; sind diese Brennmateriale erschöpft, dann verbrennt der Sauerstoff
auch noch die A l b u m i n a t e (Fleisch), die am schwierigsten verbrennen, infolge dieser
Oxydation entsteht Hitze, und darauf beruht unsere Körperwärme.
H e u t e ist man zu d e r Erkenntniß gekommen: daß der Chemismus des Stoffwechsels
allerdings das Leben ausmacht, aber das ' beständige Ausbauen und Einreihen von Orga-
nisirtem wird als ganz unnütz ausgeschlossen. Der Sauerstoff giebt nicht mehr den
Anstoß zum Zerfall, er ist nicht mehr der Zerstörer, sondern greift e r st in zweit e r
Linie in das Zeisetzungsspiel ein, er mischt sich den Z e r f a l l p r o d u e t e n allmählig
bei; das Endresultat ist freilich die völlige Oxydation zu Kohlensäure und Wasser und
findet daher eine schließliche „Verbrennung " noch immer statt; ebenso gilt heute
noch, daß diese fortlaufende Kette von Oxydationen die Quelle der Körperkraft
wie der Eigenwärme bildet.
Wir sagen also heute: unter dem Einfluß der Lebensthätigkeit zerfallen im Innern des
Körpers die cvmplicirten Nahrungsstoffe in immer einfachere Verbindungen, die uns meist
noch unbekannt sind und denen sich der Sauerstoff nach Maßgabe seiner Ver
wandtschaft immer mehr und mehr beigesellt, als die Endproduete der Spaltungen und
des Zerfalles treten H a r n st o f f, Wasser- und Kohlensäure auf; ähnlich ist
der Vorgang auch bei den Verbrennungsprocessen außerhalb des Körpers. Der Sauer
stoff verbindet sich auch erst mit den einfacheren, gasförmigen Producten, die durch die
Hitze aus dem Holze entstehen.
Im Kap. 3. — Heute wissen wir, daß die A l b u m i n a 1 e, als die complieirtesten
chemischen Verbindungen auch am leichtesten im Körper zerfallen ; dabei bilden sich
kohlenstoffreichere f e t t a r t i g e Produkte, wodurch sich, wenn dieses abgespaltene Fett nicht
vollständig verbraucht wird, im Körper schließlich F e t t ablagert; somit sind die Albuminate
eine der F e 1 t q u e l l e n für unseren Körper!
Die Fette in ihrer mannigfachen Gestalt sind nicht weniger wesentlich und bilden
die zweite und hauptsächlichste Fettquelle unseres Körpers. Die Wichtigkeit des
Fettes für die Ernährung verkannt, ja, sogar eine gewisse Scheu gegen dasselbe als ein
höchst unv e r d au li ch es Nahrungsmittel in die gebildeten Kreise hineingetragen zu
haben, ist eine Haupt fünde der alten Schule, die viel Unheil bei Diätvorschriften
angerichtet hat!
Die Kohlenhydrate zerfallen nach den Albuminaten am leichtesten, sie wirken
daher sowohl ei weiß - als f e t t e r s p a r e n d , während Fett unter Umständen den Ei
weißverbrauch st e i g e r n kann. Damit wäre die stoffliche Wirkung der organischen