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bedürfniß im Hause nach jeder Hinsicht genügt durch den unmittelbar am Hause in nächster
Nähe der Dampfmaschine hiuabgetriebenen P u m p b r u n n e n. Seitdem aber die städtische
S e e w a s s e r l e i t u n g in die Nähe unseres Hauses geführt wurde, konnte zunächst dem
Bedürfniß entsprochen werden, für Küche, Waschküche und Garten ein weicheres Wasser
zu bekommen. Aber auch die Benutzung des Pumpbrunnens zum Trinken wurde mit
der Zeit immer bedenklicher, je mehr und je «änger die ganze Umgebung des Hauses
zu einem stärker bewohnten Stadttheile sich umbildete. Im vorigen Jahre wurde ein An
schluß an die städtische T r i n k w a s s e r l e i t u n g bewerkstelligt und damit ein Hahnen-
brunneu mit gutem Quellwasser gewonnen. So steht nun das Haus da zunächst aller
dings als das hervorragende Ergebniß eines einheitlichen, wohldurchdachten und gut aus
geführten Planes, anderntheils aber auch wieder als das Resultat mannigfacher, a u f G r u n d
der Erfahrung geschlossener E o m p r o m i s s e.
Verfasser sagt hier daß die Krankenbevölkerung des Diaconissenhauses die denkbar
u n g ü n st i g st e n Aussichten biete, um Erfolge einer Heilmethode zu Tage treten zu
lassen. Während nämlich andere Krankenhäuser dazu bestimmt sind, uuverheirathete, meist
im kräftigsten Alter stehende Leute, aus den arbeitenden Ständen aufzunehmen, ivelche der
Mehrzahl nach an rasch verlaufenden leichten Störungen ihres Befindens erkranken, und
wenn sie ja von schweren Erkrankungen befallen werden, so seien es auch rasch verlaufende,
bei denen einestbeils die au sich im Körper vorhandenen au-gleimenden, die regelmäßige
Lebensthätigkeit sichernden und wiederherstellenden Vorgänge, die Heilungskräfte (?) s ch o n
g e n ü g e n , (?) die Genesung herbeizuführen re. Von all' Dem biere das Bild der Kranken
bevölkerung im Diacouissenhause gerade das E lt t g e g e n g e s e tz t e. Meist kommen
ältere Leute, nachdem ihre Krankheit Jahre laug gedauert, von verschiedenen Aerzten
mit den verschiedensten Mitteln behandelt morden sind, in die Anstalt; und auch die von
rasch verlaufenden Krankheiten Befallenen kommen selten mit Anfang ihres Ergriffenseins
in das Haus, sondern meist e r st d a n it, wenn ihre bisherige Verpflegung in Pcivat-
verhältnissen nicht mehr möglich, die Krankheit lebensgefährlich gervorden ist.
Auf solch' schwierigem Boden die Homöopathie zu prüfen unternahm Verfasser
zu einer Zeit, wo dieselbe, in Württemberg vo-t nur wenigen Aerzten vertreten, kaum über
das Stadium mitleidiger Duldung sich emporgearbeitet hatte. Verfasser gewann den Muth
zu dieser Probe mit auf Grund von Erfahrungen, die er sich in schon 5jähriger Praxis
gesammelt hatte, er war hier schon z u d e r Ueberzeugung gelangt: daß das ho m ö o -
p a t h i s ch e Heilverfahren, was Schonung der Körperkräfte, G r ü n d--
l i ch k e i t, und in sehr vielen Fällen auch was Schnelligkeit der Heilung betrifft,
alle ihm bisher bekannten Arzneibehandlungen kranker Menschen übertreffe!
Der Verfasser ergriff daher mit Freuden die ihm gewordene Gelegenheit, die Leistungen
der Homöopathie auch in einem öffentlichen Krankenhause zu prüfen und dem allge
meinen Urtheil zu unterstellen an einem Orte, der für eine solche Prüfung nach mancher
Richtung hin sich besser eignet, als die Pnvatthätigkeit eines Arztes.
Verfasser sagt S. 24 weiter wörtlich:
„Die homöopathische Heilmethode ist von der auf den Universitäten
herrschenden Wissenschaft verworfen, von der überwiegenden Mehrzahl der
Aerzte daher ebenfalls mißachtet, ja sogar gehaßt. Hört man die objectivsten,
wirklich von wissenschaftlichem Standpunkte ausgehenden Gegner, so kehrt
überall und stets das Urtheil wieder: die Homöopathie sei eine in
ihren Gründprineipien unhaltbare, wissenschaftlich über
wundene Lehre!
Und von S. 24 -44 bemüht sich nun der Verfasser den Beweis zu liefern, daß
dem nicht so ist, dieselbe vielmehr thatsächlich auf 3 Grundsätzen beruhe,
welche vollständig hinreichen, sie als besondere Heillehre zu kennzeichnen und
bei ihrer Befolgung, unabhängig von allen theoretischen Ansichten, dem Kranken
alle Vortheile derselben zukommen zu lassen.
Hier füge ich passend eine Besprechung des Sick'schen Buches ein, die mir
von einem Mediziner ganz unverhoffter Weise zugekommen ist, da es sonst lediglich
meine Sache ist, passende literarische Erscheinungen meinen Lesern vorzuführen;
ich mache aber hier gerne eine Ausnahme, da es für dieselben nur interessant
sein kann, zu sehen, wie derselbe seinen Kollegen beurtheilt.
v Videant consules, ne quid detrimenti capiat respublica“ hieß es im alten Rom,
wenn der Feind sich den Mauern näherte; aber was ist zu thnn, wenn der Feind sich