Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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und heillosen Spektakel machende allopathische Behandlung (siehe Nr. 11), 
die doch Nichts geholfen hat! 
In einigen Familien, wo ich schon mehre Fälle von Diphtherie seit Jahren 
mit gutem Erfolge behandelte, während rechts und links in der Nachbarschaft 
Kinder an dieser Erkrankung allopathisch kurirt zu Grunde gingen, haben 
die Eltern mir die Behandlung schon recht gut abgelernt, so erst kürzlich, wäh 
rend meiner Tour nach Gräfenberg, kurirte eine Mutter, weil ich nicht gleich 
zur Stelle war, ihr Kind selbst und erzählte mir dann bei meinem Besuch nach 
der Rückkehr — mit glänzenden Augen ihre Heldenthat! Und was ein W e i b, 
ein doch auch besorgtes Mutterherz, kann, das sollte der Nestor der 
Hydropathie nicht ebenfalls können, wenn er will??!! 
Dr. Munde thut mir großes Unrecht an, wenn er mir die Absicht unter 
schieben zu dürfen glaubt, ich wolle den „N.-A." auf seine Kosten pikant 
machen; ich habe ja lange geschwiegen, von seiner Brochüre in meiner liter. 
Beilage blos den Titel erwähnt und erst als von verschiedenen Seiten Karten 
bei mir einliefen und Dr. Bilfinger in seinem Artikel und Herr Zöppritz 
in seinem Blatte über fern auffallendes Gebahren und Ausspruch loszogen, 
da konnte und durfte ich nicht mehr länger schweigen, sondern mußte unsere 
Heilmethode ebenfalls gegen ihn in Schutz nehmen, die auch der Diphtherie 
gegenüber nicht so arm ist, daß man zu einem dem kindlichen Organismus 
nicht unschädlichen Stoffe, dem concentrirten Alkohol, greifen muß. 
Wie Dr. Munde zu dem Vergleiche von Lamms- und Gemsbraten mit 
Alkohol kommt, ist mir ganz unerfindlich, denn beide Speisen sind doch kein 
Gift für einen Erwachsenen. Er ißt selbst alle Tage seinen Braten, 
läßt es aber wohl bleiben, concentrirten Alkohol bis zur Betäu 
bung dazu zu trinken, weshalb dieser Ausfall auf mein seltenes Fleisch 
essen in Gasthöfen auf Reisen gar nicht zur Sache gehört! 
Noch will ich Munde auf zwei neue, ganz wirksame und unschädliche 
Behandlungsweisen der Diphtherie aufmerksam machen, wovon eine ihm als Nestor 
der Hydropathie sicher mehr Ehre gemacht hätte, als seine Empfehlung des 
concentrirten Alkohols. Es ist mir vor ein paar Tagen eine Schrift in die 
Hand gekommen, bet. „Die Diphtherie und ihre Behandlung durch 
das kalte Nasenbad von Dr. Val. Rigaucr in München, Leipzig, 1880, 
Verlag von Vogel". 
Verfasser sagt in der Einleitung: dass, seitdem die Untersuchungen verschiedener 
Forscher die Diphtherie als parasitäre Krankheit documentirten und so 
die frühere Lehre, nach welcher dieselbe für eine allgemeine Infectionskrankheit ge 
halten wurde, total umgestalteten in der Weise, dass sie zu beweisen suchten: die 
Diphtherie entwickelt sich aus lokaler Infection und wird erst zur allgemeinen 
Krankheit durch Aufnahme niederer Pilze und septischer Gase und 
Flüssigkeiten aus dem diphtherischen Herde in’s Blut; die sekundären all 
gemeinen Erscheinungen folgen den primären örtlichen AfFectionen“ — natürlich 
auch die Behandlung eine andere geworden sei und man darum Mittel ange 
wandt habe, welche die Mikrokokken im Halse zu todten im Stände seien, 
und seitdem sei auch der Pro Cents atz der Mortalität ein’geringerer geworden. Erwachsene 
starben ihm seither nicht mehr, und nur sehr bösartige Schlund- und -Nasendiph- 
therien bei kleinen Kindern nehmen noch einen tödtlichen Ausgang, weil in diesem 
Alter die so gebieterisch nothwendige ausgiebige Reinigung des Krankheitsgebietes 
mit den antiseptischen Mitteln manchmal zur Unmöglichkeit gemacht sei. 
Der Zufall habe ihn nun zu einer ganz einfachen Behandlungsweise geführt; er habe 
bei einem kleinen Mädchen den Schlund difus mit diphtheritisehern Beleg überzogen 
gefunden, an den Nasenöffnungen zwar noch kein Sekret sichtbar, die Nase für die 
Luft aber fast un durch gängig, die Athmung durch dieselbe äusserst erschwert und 
von Schnarren begleitet. Der Fall drängte zu raschem Handeln und schon wollte 
ch wieder zu meiner so oft schon nutzlos verwendeten Nasenspritze greifen, als mir
	        
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