Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

Körper zu putzen, d. h. abzuschaben; er hüllt den Menschen TagundNacht 
möglichst luftdicht ein, als gelte es eine Mumie zu conserViren! 
Mein wollener Vegetarier, ich meine drum, Du sollest in Dein Kämmerlein 
gehen, Deine Wolle abwerfen und Dich ein Bischen schämen im Verborgenen, 
denn mit Deinen sonstigen Gründsätzen verträgt sich diese Sache gar nicht. 
„Hie Woll- — hie Bau m w o llf as er!" so tönt der Schlachtruf in 
diesem Hcmdenstreit und da fällt mir ein altes Gedicht (ich meine von Lang 
bein) ein, es heißt „Das Hemd des Glücklichen". Ein kranker König 
schickt seinen Hofherrn aus, um das Hemd eines glücklichen Menschen auf 
zutreiben, damit er durch dessen Besitz genese. Endlich nach rastlosem Suchen 
findet derselbe einen wahrhaft glücklichen Menschen, in der Person eines armen 
Bauern. Er stürzt sich auf denselben, um ihm sein Hemd mit Gold abzukaufen. 
Da, o Jammer, zeigt sich, daß der Glücklichste der Menschen — gar kein Hemd 
besitzt!! 
Ein deutscher Arzt, der viele Jahre unter den „Wilden" Afrikas zugebracht, 
schildert den Gesundheitszustand derselben mit wenig Worten als vortrefflich; 
sie schieben nämlich einen Krankhcitstod immer auf Ver- 
g i f t u n g *, Alterstod, dieses uns unbekannte Etwas, ist bei den glücklichen 
Menschen die Regel. Die dortige Normalkleidung besteht dabei aus 
Bast Hut und Spazier stock! Ach, wie sind diese gesunden Wilden zu be 
neiden, sie haben noch nicht nöthig gehabt, wegen der menschlichen „Normal 
kleidung" sich den Kopf zu zerbrechen, da möchte man am Ende selbst 
noch „wild" werden! 
Die Jägerkleidung ist übrigens nur die logische Schlußfolgerung von dessen 
„Seelenentdeckung". Zn letzterm Behufe macht er aus denl bisher üb 
lichen zweitheiligcn Menschen (Körper und Geist) einen dreitheiligen, in 
dem er, als selbstverständlich voraussetzend, daß jeder Mensch Geist besitze, ihm 
auch noch als Drittes eine Seele zumuthet. 
Wenn ich mich z. B. aufrichtig freue, daß unser Vaterland in Prof. Jäger 
einen berühmten Sohn weiter zählt, so kann diese Freude entweder ,,eine 
Thätigkeit des unbewußten Triebes", also der Seele sein, oder aber „des 
freien Wollen»", also des G e i st e s. Im ersten Falle würden sich Düfte ver 
breiten , im zweiten aber nicht, da der Gei st geruchlos arbeitet! 
Aufrichtig gesagt mit den Goethe 'schen Worten: Ich habe keinen Namen 
dafür, Gefühl ist Alles!" — hatte ich mir seither ganz nett durchgeholfen 
mit dem Geist allein, geht es aber gar nicht anders, soll ich auch noch eine 
aparte Seele besitzen, dann in Gottes Namen — wie Jäger will, ich 
halt still! Wenn ich nur sonst immer gesund bleibe! 
I ä g e r 's Seele oder S e c l e n s u b st a n z ist etwas „Irdisches", was 
gerochen werden kann, ein Zersetzuugsproduct des Eiweißes, das 
mit dem Stoffwechsel aus dem Körper durch den Athem, die Haut- und Darm 
exkremente ausgestoßen wird. An der „Riechbarkcit" wird demnach kein Mensch 
mehr zweifeln. Bei behaglicher Seelenstimmung soll der Geruch derselben 
gar lieblich sein, wie Flcischbrühe (Luststoff), bei zorniger und 
gereizter aber widerwärtig (A n g st st o f f). Letzter Umstand erinnert mich 
an den uralten Volksglauben, wonach der Teufel bei seinem Verschwinden stets 
* A n m e r k n n g: Cr erzählt ferner arglos, daß die Stellung eines dortigen Arztes 
nicht so angenehm sei, wie bei uns. Ein europäischer Arzt, dem rasch nach einander mehre 
Patienten starben, sei von ihnen mit dem Tode bedroht worden. Was bei uns kein Ver 
stand der Verständigen sieht, das übt hier in Einfalt ein „wildes" Gemüth. U n s c r n 
Jmpfärzten aber ist zu rathen, dieser Gegend fern zu bleiben!
	        
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