Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

162 
Kritisches Nachwort ju Dr. Haupts Artikel: 
„Ueber persönliche Gesundheitspflege". 
Vom Herausgeber. 
(Schluß.) 
Kaum daß ich den Brief meiner ehemaligen Wasserfreundin, und jetzigen 
Laien Homöopath in mitgetheilt habe, auf den ich weiter Nichts erwidern 
kann, als daß ich ja Niemanden abhalten will, sich der Homöopathie in 
die Arme zu werfen, wenn er Vertrauen zu derselben hat (bezeichnend ist aber 
doch, wenn dieselbe sagt: ich möchte keine Ausschlagskrankheit, heftiges Fie 
ber, Typhus, Blattern oder so was ohne die Hydropathie behandelt 
wissen ! — denn was bleibt dann noch für die pure Homöopathie übrig, da 
wir das Zahnweh gerne den Zahnärzten überlassen?), — so kommt schon wie 
der ein homöopathisches Donnerwetter über mich, nämlich in den in Stuttgart 
erscheinenden „Homöopathischen M o n a t s b l ü t t e r n " Nr. 11, S. 158 
lese ich Nachstehendes: 
Ein Arimllhszeugnitz. Von Zeit zu Zeit bringt der „N aturarzt" Notizen und 
Artikel, worin die Homöopathie darum schlecht gemacht wird, weil einzelne ihrer Vertreter 
ungeschickt genug (?) waren und sind, solche Krankheiten nicht zu heilen, die nach 
her von Herrn Wolbold, Naturarzt in Dresden, geheilt worden. Ich könnte dem 
Herrn Wolbold als Gegenstück Fälle erzählen, wo theils die Naturheilkunde Nichts aus 
gerichtet hatte und die Patienten starben, theils aber nach vergeblicher Anwendung des 
Naturheilverfahrens die Homöopathie als Retterin in der Noth auftrat. Ich bin aber 
weit entfernt davon, aus einzelnen Beispielen einen ungünstigen Schluß auf eine Heilme 
thode zu ziehen, umsoweniger, als ich die Naturheilmethode kennen und schätzen gelernt habe, 
nach meiner langjährigen Erfahrung darf ich wohl sagen, daß weit mehr angeborenes 
Talent zum Arzte dazu gehört, um mit reiner Wasserbehandlung und Diät zu helfen, 
als mit Homöopathie. Daß Herr Wolbold ein solches Talent in selten hohem Maaße be 
sitzt, ist mir nach Allem, was ich schon über ihn gehört, unzweifelhaft; Unrecht aber ist 
von ihm, der doch rein Nichts von Homöopathie versteht (?!?!), summa 
risch darüber abzuurtheilen. Seine Kollegen Dr. Dock auf der alten und Th. Hahn 
auf der oberen Waid bei St. Gallen könnten ihm von Heilungen schwerer Diphtheritis, 
Scharlach, Ruhr erzählen, die Dr. Grubenmann in St. Gallen nur mit homöopathischen 
Mitteln vollbringt; diese seine Kollegen könnten ihm auch erzählen, daß der Andrang Hilfe 
suchender bei demselben ein so enormer ist, daß mancher Patient erst am zweiten Tage 
vorgelassen werden kann. Herr Wolbold muß sich doch selbst sagen, daß eine solche Praxis 
trotz einer Menge von allopathischen Aerzten in St. Gallen und trotz der Nähe zweier 
Naturheilanstalten nicht möglich wäre, wenn die Homöopathie in den rechten 
Händen nicht mehr (?) leistete, als asirdere Heilmethoden! Und nun zur Rechtfertigung 
der Ueberschrift. Unter der großen Zahl von Brochuren, die in letzter Zeit über Diph 
theritis veröffentlicht wurden, fand ich auch eine betitelt „Diphtheritis und 
Schlangengift" von Dr. Carl Munde, dem Verfasser der bekannten „Hydrotherapie 
oder Wasserheillehre". Während nun S. 851 genannten Werkes die Wasserbehand 
lung des Keuchhustens beschrieben und als eine die Krankheit mildernde hingestellt 
wird, ist S. 22 der Brochure zu lesen, daß Dr. Munde sein eigenes jüngstes Kind daran 
gestorben i st! Die beiden älteren Kinder st a r b e n knrz darauf an Diphtheritis 
und ihre Mutter wie das Dienstmädchen kamen trotz der Arzneien und Gurgelwässer, 
Chlorkali und Alaun, Höllensteinlösung und Earbolsäure an den Rand des Grabes! 
Kleider, Betten, Wäsche, Möbel wurden verbrannt, sämmtliche Räume des Hauses sorg 
fältig desinficirt, trotzdem erkrankte die Frau ein zweites Mal und nun auch die Köchin! 
Den Kindern hatte der Herr Wasserdoctor „Salmiak" in großen Mengen eingegeben, 
welche Arznei jedoch gar Nichts leistete! Die älteren Personen überstanden bei ihrer 
kräftigen Natur sowohl die Krankheit, als die exquisit allopathÜsche Behänd- 
l u n g ! Und was rächt n u n der N a t u r a r z t Dr. C. Munde als bestes Mittel gegen 
Diphtheritis? Alkohol in großer Menge, dazu muß er möglichst coucent r i r t 
sein! Er schließt auf dessen günstige Wirkung daraus, daß Alkohol Pilze tobtet 
und bei Bißwunden von giftigen Schlangen gute Dienste leistete ! A r m e r N a t u r a r z t! 
Hätte er Hilfe bei der auch von ihm mehrfach verspotteten Homöopathie gesucht, 
so lebten seine 3 Kinder heute noch, und er hätte nicht nöthig gehabt, sich und der
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.