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Kritisches Nachwort ;u Dr. Haupts Artikel:
„Ueber persönliche Gesundheitspflege".
Vom Herausgeber.
(Fortsetzung.)
Es ist mir von Anhängern der Wasserheilkunde und der Homöopathie ferner
nahegelegt worden, doch beide Methoden als einander „ergänzend" (?)
zu verbinden oder in leichten Fällen erst btc „sanft e" Homöopathie zu pro-
biren und dann erst das Naturheilverfahren anzuwenden, wenn ich mit ersterer nicht
bald Besserung erziele! Ich danke auch dafür, denn ich habe von dieser
M i s ch l i n g s b e h a n d l u n g keine besondern Erfolge gesehen und bin iin
Herbst 1859 deshalb vom Dianabad nach München heraufgezogen, weil obiger
Dr. Schlosser mir so sehr zusetzte, m eine Patienten nebenhervon ihm noch
mit seinen Streukügelchen beglücken zu lassen, was ich aber partout nicht
wollte und meine Patienten ebenfalls nicht! Und dieser 10 Jahre jüngere,
von Haus aus gesunde und rüstige Militärarzt Dr. Schlosser ist wenige
Jahre nach unserer Trennung gestorben, ohne daß das Dreigespann von
Heilmethode, das er meisterlich zu handhaben sich einbildete, im Stande
gewesen ist, ihn am Leben zu erhalten, während ich, der von Klein auf allo
pathisch verhunzte, der halbe Lazarus, den keine Lebensversichcrnngsgesell-
schaft aufnimmt, noch lebe und Dank der einseitigen Wasserheilmethode noch
manches Jährchen (mindestens bis 1900!) zu erleben hoffe! —
Auch Dr. Tritschler hat mit seiner Combination von Wasserkur und
Homöopathie sowohl in Cannstatt als hier in Dresden schmälich Fiasko und
Bankerott gemacht, so daß es mich gar nicht gelüstet, das verehrt. Publikum
damit zu beglücken, denn in guten Ausgangsfällen weiß man ja nicht, wer
geholfen, und in Todesfällen wiederum nicht, wer nicht geholfen hat! —
Ich scheue mich aber durchaus nicht, nachstehend den Inhalt erncs Brieses
mitzutheilen, den mir eine alte Wasserfreundin, deren Bekanntschaft ich
1850 in Buchenthal, einer Schweizer Wasserheilanstalt während meiner
dortigen Kur machte, vor Kurzem zusandte, die — theilweise wieder — zur
Homöopathie überging, als Beweis, daß ich gar nicht so engherzig bin
und Anderen auch gerne Rede gönne und Jeden nach seiner Fayon selig werden
lasse, erlaube mir aber am Schlüsse wieder meine Ansicht auf Grund gemachter
Erfahrungen zum Besten zu geben; auch verfehle ich nicht, ganz angelegentlich
auf die literarische Beilage Y. aufmerksam zu machen, worin ein ho
möopathisches Buch aus der Feder — man staune! — eines allo
pathischen Ober medizinalrath es von mir u n d einem Mediziner
besprochen wird!
Dieses Schreiben meiner alten Wasserfreundin lautet wörtlich:
„Schon seit Jahr und Tag gehe ich mit dem Gedanken um, wieder einmal an Sie zu
schreiben, ließ mich aber stets wieder davon abhalten, theils weil ich sonst immer gar viel
zu schreiben habe, theils weil ich hoffte, Sie würden einmal unsere Gegend (Bodensee)
besuchen und dann auch Ihre alte Bekannte nicht ganz vergessen! Heute schickt es sich nun
einmal gut, mein Vorhaben auszuführen, und so will ich es einmal wagen!
„Ich bin eine treue Abonnentin Ihres „N.-A." und freute mich seiner Zeit darüber,
als dessen Redaction aus den Handen Herrn Hahn's in die Ihrigen überging, weil ich da
durch nun allmonatlich Etwas von Ihnen erfuhr. Wie Sie wissen, war ich schon lange
eine eifrige Hydropathin und habe alle meine Kinder nach 1850 bei derselben aufer
zogen und tägliche kalte Abwaschungen des ganzen Körpers, viel Bewegung in frischer Luft
sind mir, meinen Kindern und ihrer Nachkommenschaft (ich habe bereits 12 Enkel!) Bedürfniß
geworden. Seitdem ich aber auf dem Lande wohne und längere Zeit in einer wasserarmen
Gegend lebe, wo mau in trockenen Sommern fast alles Wasser weit herbei holen, selbst