Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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Es sei mir gestattet, schließlich den Lesern eine Mahnung an's Herz zu 
legen, die mir nach alle Dem, was ich hier vorgetragen, dringend geboten 
erscheint: Hüte sich Jeder, gar zu pedantisch über seine Gesundheit zu wachen! 
Der gesunde Organismus besitzt in hohem Grade die Fähigkeit, nicht allzutief 
eingreifende Störungen ohne Kunsthülfe wieder auszugleichen und pflegt weit 
weniger leicht in Folge eines einzelnen, starken Verstoßes gegen die Diätetik, 
als vielmehr durch fortgesetzte kleine hygieinische Versündigungen zn erkranken. 
Leute, die stets peinlich abwägen, wieviel sie ihrem Körper zumuthen dürfen 
und was ihnen dienlich oder nachtheilig sein könnte, sowie vor jeder, selbst der 
unschuldigsten Abweichung ihrer Lebensgewohnheiten zurückschrecken, werden zu 
Hypochondern und fallen sich und Andern zur Last. Auf sie paßt der Aus- 
spruch Iorick Stcrnc's: „Wer fortwährend seine Gesundheit ängstlich in Acht 
nimmt, gleicht dem Geizigen, der Schätze aufhäuft, ohne ihrer jemals froh zu 
werden." Und somit bin ich am Ende! War es mir auch nicht möglich, eine 
vollständige, erschöpfende Darstellung der persönlichen Gesundheitspflege zu geben, 
so hoffe ich doch, wenigstens einiges Brauchbare und Beherzigenswerthe ge 
bracht zu haben, und wenn es mir gelungen, das Interesse der freundlichen Leser 
für den Gegenstand anzuregen und ein Scherflein zu ihrem ferneren Wohler 
gehen beizutragen, dann ist mein Zweck erreicht! 
Nachwort der Redaction. 
In nächster Nummer werde ich auf einige mir zugekommene Ausstellungen über das 
von vr. Haupt Vorgebrachte gewünschten Bescheid geben. G. W. 
Ueber die Iiiger'sche Normalkleidung. 
Von Di-, med. Bilfinger in Schwab. Hall. 
Da ich vor einigen Tagen Gelegenheit hatte, Professor G. Jäger aus 
Stuttgart in einem Vortrage hier über seine Normalkleidung sprechen 
zu hören, so möchte ich hierüber den Lesern des N.-A. Einiges mittheilen. 
Das Thema hat ja die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, und ist die 
Kleidung immerhin ein Theil der Gesundheitspflege, dessen Wichtigkeit 
selbst von den Gesundheitsphilosophen par excellenee, den Vegetarianern, noch 
nicht genügend gewürdigt ist. Da I ä g e r der W o l l k l e i d u n g aber noch 
einen ganz specifischen Werth beimißt, so muß jeder Denkende zu der Frage 
Stellung nehmen und möchte ich mit Folgendem zu einer Discusston darüber anregen. 
Jäger's Absicht geht dahin, dem Menschen das natürliche Fell, 
mit dem die Thiere bekleidet sind, durch eine eng anliegende Woll- 
kleid u n g zu ersetzen. Er erblickt in unsrer seitherigen Kleidung die Haupt 
schul d, warum der Mensch gegenüber den Thieren so vielen Krank 
heiten unterworfen sei. Bis jetzt, meint er, sei das Hauptbestreben darauf 
gerichtet gewesen, die Krankheits-Ursachen zu entfernen. Er will einmal 
das umgekehrte Verfahren einschlagen und den Menschen gegen die verschiedenen 
krankmachenden Potenzen wider st andsfähiger zu machen suchen. Zu 
diesem Behufe machte er Untersuchungen über die Veränderungen, welche die 
Gymnastik und ähnliche allgemein als gesundheitsbefördernd anerkannte 
Maßnahmen im Gefolge haben. Daß die Gymnastik ganz direct die Gesund 
heit befördere, habe er auf die mannigfachste Weise erhärten können. Ein 
mal fand er, daß die Turnzöglinge nach absolvirtem Turncursus an dem eigens 
dazu construirten Apparat eine erheblich promptere Nerventhätigkeit zeigten, 
als vor demselben. Ebenso konnte er aus den Schulversäumnissen in den
	        
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