Volltext: Der Naturarzt 1876 (1876)

Erläutert durch eine Krankheitsgeschichte vom Herausgeber. 
(Fortsetzung.) 
Ich kann nicht umhin, um meinen Lesern eine gewisse Einsicht in die 
richtige Behandlung fieberhafter Krankheiten zu vermitteln, hier doch noch die 
Ansicht mitzutheilen, die man gegenwärtig über das Wesen und die Ur 
sache des Fiebers resp. der Steigerung der im Körpervor sich gehenden 
chemischen Processe hegt, welche die verschiedenartigsten Krankheiten begleitet. 
Ich habe oben erwähnt, daß die Körpertemperatur bei allen gesunden 
Menschen unter allen Umständen eine coustante ist und angeführt, wie man 
dieses Phänomen zu erklären versucht, muß dem dort Gesagten hier aber noch 
erinnernd hinzufügen, daß, wie bekanntlich Alles, was im Körper geschieht, wie 
jede Lebensthätigkeit desselben unter der Botmäßigkeit des Nervensystems 
steht, nur unter seiner Leitung erfolgen kann, so natürlich auch die Erhaltung 
der constanten Eigenwärme als das Product des gesammten Stoffwechsels im 
Nervensystem seinen Vorgesetzten resp. Regulator haben muß, den man 
im Gehirn an einer gewissen Stelle gefunden zu haben glaubt. 
Wenn nun die neueste Definition des Fiebers lautet: 
Das lieber ist ein Complex von Symptomen, dem eine durch krankhafte 
allgemeine Steigerung des Stoffumsatzes bewirkte Steigerung der Kör 
pertemperatur zu Grunde liegt, wobei zugleich die n o r m a 1 e n W e g e der 
Ausgleichung der erhöhten Wärmeproduction mangelhaft functioniren.“ 
so liegt auf der Hand, daß dieser Zustand, Fieber genannt, nur dadurch ein 
treten kann, daß die Thätigkeit dieses Wärme-Regulators irgendwie gestört, 
resp. geschwächt worden ist. Wodurch erfolgt nun aber diese Störung der 
Function des Wärmeregulators? Man spricht in der Pathologie von 2 Arten 
von Fiebern; die eine, wo das Fieber eine Krankheit nur begleitet, 
symptomatisches Fieber genannt; es hat seine Quelle in einer bestimmten 
localen Erkrankung, welche meist eine Entzündung ist; durch dieselbe soll 
eine krankhafte Veränderung des Blutes hervorgerufen werden, welche wiederum 
ihre schädliche Wirkung auf das Nervensystem ausübt und somit auch auf den 
Wärmeregulator. Die andere Art, wo das Fieber selbstständig die 
Krankheit darstellt — wird eigentliches Fieber genannt, geht aus einer 
gährungsartigen Veränderung des Blutes hervor, welche durch belebte 
kleinste Wesen (Fiebererreger) verursacht wird, und zwar nimmt man an, 
daß jedes eigentliche Fieber aus einem bestimmten Krankheitserreger her 
vorgeht, welcher in's Blut des Menschen einwandert, dasselbe in Gährung ver 
setzt, dadurch das Nervensystem alterirt, somit auch den Regulator und nun die 
schwere Ficberform erzeugt, wie sie die eigentlichen Fieber darstellen, wobei zu 
bemerken ist, daß solche Krankheitserreger immer nur dieselbe Krankheit 
wieder erzeugen, von welcher sie ihren Ursprung haben, z. B. von einem 
Scharlachkeime inficirt, bekommt man stets nur wieder ein Scharlachfieber, 
nicht den Typhus rc. 
Man hat dem griechischen Arzt Alsklepiades, der 100 Jahre vor 
Christus lebte und gleich seinem berühmten Vorgänger Hippokrates alle 
angreifenden Arzneien und Methoden verabscheute, die merkwürdigen Worte in 
den Mund gelegt: „Gebt mir ein Fieber und ich will Euch die 
Krankheit heilen!" — welche später der Arzt Harleß dahin änderte: 
„Gebt mir die Macht, ein Fieber zu erzeugen, und ich heile 
alle Krankheiten!" Also uralt ist die Vorstellung und bis in die neuere
	        
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