Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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Warum ist namentlich für Kranke die fleischlose Diät 
entschieden zuträglicher als die gemischte Kost? 
(Schluß.) 
Nun kommt mein Trumpfaß, lieber Leser, pass recht auf: 
In B. Auerbach's Volkskalender für 1869 hat der Baron Justus 
von Liebig, der weltberühmte Professor der Chemie zu München an der 
Isar, einen Aufsatz über den Ernährungswerth der Speisen wohl 
aus dem Grunde veröffentlicht, daß seine wissenschaftlichen Errungen 
schaften Gemeingut des Volkes werden, nicht chemische Mysterien bleiben. 
Wollen wir uns also die Ergebnisse seiner jahrelangen mühsamen Forsch 
ungen zu Nutzen ziehen, was diesen grundgescheidten deutschen Gelehrten 
sicher nur freuen dürfte. Liebig sagt dort Seite 151 Folgendes: 
„Die Fleischbrühe enthält die mit Wasser ausziehbaren Bestandtheile des 
Fleisches, daher ihr Name „ E x t r a c t i v st o f f e" des Fleisches; es sind dies 
verbrennliche und rinverbrennliche Stoffe, die letzteren sind Phosphate, die wir 
auch im Kaffee und Thee haben; die Hauptmasse der verbrennlichen besteht aus 
sehr stickstoffreichen, unkrystallisirbaren Stoffen, deren Natur nicht näher ermittelt 
ist, sodann aus hrei krystallisirbaren Materien, dem Kreatin, Kreatinin 
und S a c c i n, von denen die beiden letzteren zu derselben Klasse von Verbin 
dungen wie das Caffein gehören. Es ist dies die merkwürdige Klasse der A l k a- 
loioe, welche die wirksamsten Arzneimittel (oho!!) wie das Morphin und 
Chinin und die f u r ch t b a r st e n Gifte wie das Strychnin (Pfeilgift, 
welches die Mediciner aber doch als — Heilmittel verordnen!!!), das Eon rin 
(Gift des Schierlingkrautes), das Nicotin (Tabaks gift; merkt's euch, ihr 
Feueranbeter!) und andere in sich einschließt- In seiner Zusammensetzung steht 
das Caffein dem Kreatinin in der Fleischbrühe am nächsten. Keiner 
von den Ertractivstoffen des Fleisches sindet sich in den vegetabilischen 
Nahrungsstoffen; sie find Erzeugnisse des thierischen Körpers! 
Die Fleischnahrung besitzt, neben dem Nährwerth, den sie mit dem Brode 
gemein hat, für manche Zustände einen Vorzug vor dem Brode (?) wegen der 
größeren Verdaulichkeit (?) der Fleischalbuminare und ihres rascheren Ueber- 
aanges in den Blutkreislauf; aber in dieser Beziehung steht die Milch und der 
Käse der Fleischnahrung nicht nach; es kommt ihr außerdem noch eine andere, 
ganz eigene Wirkung auf das Nervensystem zu, die man ziemlich unbe 
stimmt mit Spannung — Tonus — Energie bezeichnet, und darüber, 
daß diese Wirkung den Extractivstoffen angehört, besteht fein Zweifel. Es ist 
wesentlich die Nahrung, welche die Fleischfresser im Allgemeinen stärker (?), 
kühner und kriegerischer macht, als die pflanzenfressenden Thiere, die ihre Beute 
werden." 
Soweit unser Liebig; es sind goldene Worte, nur muß man sie 
auch richtig zu lesen verstehen und nicht falsche Schlüsse daraus 
ziehen, wie so häufig geschieht! — Bevor ich nun den meiner Ansicht 
und Ueberzeugung nach richtigen Schluß daraus ziehe, erlaube ich 
mir vorher einen Trumpfzehner auszuspielen, indem ich einen 
andern berühmten Professor der Medizin Dr. Virchow in Berlin über
	        
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