Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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Immerhin läßt sich nicht absehen, wie das Gift durch ein Sinken 
des Grundwassers reisen oder qistiger werden sollte und bei 
seinen: Steigen umgekehrt wieder wirkungslos werden und ver 
schwinden! All' das ist und bleibt verschroben, mag man es 
sich denken, wie man will!! — 
Nachdem Oesterlen so ganz ausführlich das Unbegründete und 
Haltlose sämmtlicher H y p o t h es e n s ä tz e Pettenkofers nach 
einander dargethan, fragt er: könnte wohl n o ch e i n Z w e i f e l darüber 
sein, was von dieser Koththeorie als Ganzes zuhalten? — Seine 
Antwort lautet: Nichts Anderes, als daß deren Verfasser in der Nebelregion 
subjectiven willkürlichen Meinens und Construirens sich befindet, von wo es keine 
Scheidewand mehr giebt bis zu den Phantasien eines Träumers! 
Was sind denn Seuchen, auch Cholera wesentlich Anderes, als eine 
ungewöhnlich, d. h. über das Mittel gesteigerte Erkrankungs 
fähigkeit und Sterblichkeit einer gegebenen Bevölkerung, hier z B. 
unter den Zufällen oder Erscheinungen der Cholera? Ein solch' massenhaftes 
Erkranken und Sterben aber ist immer und ü b e r a l l die E n d w t r k n n g 
sehr vieler Ursachen, unter welchen Boden- und Wohnverhält 
nisse, ja sogar Aborte sammt Mensch en verkehr und Ab - 
setzen verdächtiger Ausleerungen schwerlich jene hervorragende 
Rolle spielen, wie sie ihnen Pettenkofer im Interesse seiner Hypo 
thesen beilegt! 
Indem Pettenkofer nun glauben machen will, er habe durch seine 
stümperhaften Untersuchungen die E x i st e n z eines Kothgiftes öder die 
Uebertragbarkeit der Cholera durch Cholera st ühle bewiesen 
und damit ein Erkranken an Cholera oder das Entstehen einer Seuche erklärt, 
so stellt er sich unzweifelhaft sein eigenes geistiges Armuthszeugniß 
aus, nämlich: daß er offenbar keine ganz klaren Begriffe von dem 
Allen hat, was e i n B e m e i s und eine Erklärung sind! (Ist 
das nicht stark von einem Professor, sollte Pettenkoser nicht schamroth 
werden, wenn er das sich von einem College:: sagen lassen muß? D. Red.) 
Ist es nicht gegen alle N a t u r w a h r s ch e i n l i ch k e i t und ein 
wahrer Hohn auf die Natur, große tiefgreifende Wirkungen solcher Art, welchen 
Millionen Menschen zum Opfer fallen, von einer einzigen, dazu rein 
m y st i s ch e n und imaginären Ursache abzuleiten, welche zufällig, viel 
leicht durch die Stühle eines Angereisten oder einen Nachttopf, ein Hemd, den 
Einen trifft und den Andern nicht? Und nach Pettenkoser 
und seinen Collegen hinge das Entstehen einer Choleraseuche, also Leben oder 
Tod von Tausenden, auch in Europa davon ab: 
a) ob bei den elendesten Völkern Asiens, Afrikas, einmal Cholera zum Aus 
bruch kam und andere Völkerschaften, z. B. auch Europäer, mit ihnen 
verkehrten oder nicht: 
b} ob irgend Einer von einem Choleraort uns zu besuchen beliebt und in unserem 
Wohnort, vielleicht gar in unseren: Abort seine Hosen umdreht und Etwas 
fallen läßt oder nicht; 
c) ob Wäsche, Hemden eines diarrhöischen Sträflings oder Vagabunden mit 
Chlorkalk gewaschen, ob seine Kleider, Lumpen , gesondert von andern, 
aufbewahrt werden oder nicht; 
ä) ob Diarrhöische, Cholerak anke einen Leibstuhl, Kübel, Abtritt benützen, ob 
man in ihre Ausleerungen Eisenvitriol schüttet oder nicht, ob man 
dieselben in eine besondere oder eine gemeinschaftliche Grub^ leert, und 
ob diese sammt Abzugskanälen, wasserdicht sind oder nicht;
	        
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