Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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«) ob ein Ort, ein Haus, einmal vor ICO ober 1000 Jahren auf festem Ge 
stein oder auf porösem, lockerem und feuchtem Boden erbaut wurde rc.! 
Und einen solchen Glauben, der vielleicht unseren Nachkommen die 
ganze Aufklärung unserer Zeit in einem sehr verdächtigen Lichte er 
scheinen lassen dürste, findet man jetzt verbreiteter denn je!!! 
Oe st er len sagt zum Schluß: „wenn man ihn fragen würde ob er 
denn das Wesen und die eigentliche Ursache der Cholera, 
einer Seuche, besser kenne? — so müßte er freilich gerade heraus 
mit „Nein" antworten! Nur würde er sich erlauben beizufügen, daß es auch 
durchaus nicht nothwendig, ja gar nicht gut ist, Dinge, die man nicht 
versteht, auch nicht einmal zu erforschen recht angefangen hat, erklären zu wollen 
oder auch nur im Süllen für sich eine ganz bestimmte Ansicht darüber zu haben! 
Könnte er aber z. B. ein Erkranken an Cbolera, eine Seuche nicht besser er 
klären , als aus einem Contagium oder Gifte, von welchem er rein 
Nichts wüßte, so würde er allerdings hundertmal lieber auf jeden Versuch 
der Art verzichten! Wollte man aber andererseits aus irgend einem Grunde, 
sei es z. B. Wißbegier ober das Bedürfniß möglichst wirksamer Hülfe, weiter 
gehen, als für jetzt unstr Wissen gestattet, und wenn nicht absolute Wahrheit, 
so doch das einstweilen Wahrscheinlichere erfahren, so würde man wohl 
sagen können: 
1) daß auch diese Wirkung wie jede andere, auch jede Krankheit ihre zu- 
reichenden Ursachen haben wird, und daß diese weder so besonderer Art 
noch von so rascher Wirkung sein werden, wie es vielleicht den An 
schein hat; 
2) daß Einer schließlich nur in Folge eines Zusammenwirkens wesentlich der 
selben Ursachen, innerer wie äußerer, an Choleraerkranken wild, 
in Folge deren er selbst oder Andere in andern Zeiten, unter 
andern U m st ü n d e n, z. B. an Cholerine, Diarrhoe, Ruhr oder 
Typhus rc- erkranken kann; 
3) daß jene Ursachen i m m e r und überall hinreichen werden, auch ein 
massenhaftes Erkranken Vieler an Cbolera, d. h. eine 
Seuche zu bewirken, daß also Seuchen ihre zureichenden Ursachen in 
der Bevölkerung jeden Ortes finden werden, wo sie zum Ausbruch kom 
men, ohne erst einer Einschleppung eines Giftes anders 
woher zu bedürfen! 
Und was die Frage anbelangt: ob d i e C h o l e r a a n st e ck e n d s e i? 
so müsse dieselbe entschieden mit N e i n beantwortet werden, sobald man das 
Wort „ansteckend" so auffasse, als ob Cholera von einem daran Erkrankten auf 
Andere, z. B. aus die mit ihm oder seinen Ausleerungen in Berührung Kom 
menden, übertragen werden könne. 
Was von jeher ein Hauptfehler und Unglück der Me 
dizin war, — blinder Glauben an die Zuverlässigkeit 
ihrer Hypothesen, a priori'sch es Aufstellen und dogma 
tische Ausführung nicht bewiesener, ja nicht ein mal recht 
untersuchter Sätze, aber mit d e m S ch e i n a u f t r e t e n d , als 
wären sie unzweifelhaft bewiesene Dinge, — dies hat 
Pettenkofer wie so Mancher vor und nach ihm sich nicht gescheut zu 
wiederholen! Und zwar in einer der wichtigsten, tiefgreifendsten Fragen, dazu 
mit einer Selbstüberhebung und Zuversicht, um kein härteres Wort 
zu gebrauchen, die ihres Gleichen sucht! lLeser, merke Dir das, und glaube nicht 
ferner an die Unfehlbarkeit dieser medizinischen Apostel 
und namentlich nickt, wenn sie so unverschämt dreist auftreten, wie 
dieser Kothist Pettenkofer! Die Red.)
	        
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