Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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dient. In Nr. 25 ibid. wurde angegeben, daß das Hähnchen im 
Auffangtrichterchen bei x nothwendig sei; um aber die Dampf 
entwickelung ganz in seiner Gewalt zu haben, sind auch Klappen 
in den Dampfröhren, um nötigenfalls plötzlich die Dampfströ 
mung ganz abzusperren. Das linkseitige Rohr ist in der Zeich 
nung mit einem Deckel geschlossen, indem zu den meisten Lo- 
cal-Dampfbädern der Ausfluß eines Rohres genügt. 
Ein Dampferzeugungs-Apparat mit Weingeist nach Dr. 
Steinbacher's Beschreibung ist auch gut, doch fand ich die 
Dampferzeugung bei allen größeren Local-Dampfbädern damit 
merklich theurer, als durch glühende Eisen oder Steine. 
Des Naturarztes v. Helfer Leiden und Freuden. 
Somatisch-hydriatische Novelle. 
(Fortsetzung.) 
Schuldirector. Recht gern, meine Herren; ich werde 
übrigens gleich zu Ende sein. Der Professor Oertel hatte 
nämlich insofern meiner Haut von damals gegenüber Unrecht, 
als er annahm, ich hätte gar nichts dafür gethan Im Ge 
gentheil, auf Veranlassung verschredener Aerzte, die ich schon 
während des Aufenthaltes auf dem Seminar um Rath ge 
fragt, hatte ich Hals und Brust fast fortwährend und schon 
seit langer Zeit täglich wenigstens einmal mit kaltem Wasser 
gewaschen und die von Haus aus mir zur Gewohnheit ge 
wordene gründliche Sonnabends-Wäsche, d. h. die Waschung 
des ganzen Oberköpers mit Seife und lauem Wasser mittelst 
tüchtigen Waschlappens oder Schwammes, hatte ich auch ziem 
lich gewissenhaft beibehalten. Nichtsdestoweniger war, wie ge 
sagt, mein Halsübel nicht besser, sondern schlimmer geworden. 
Bei jener Hochzeitsreise nun aber, wo ich, auf dem Kutscher 
bocke sitzend. und mit dem Regenschirm Kops und Oberkörper 
schützend, hauptsächlich am Unterkörper durch den Gewitter 
regen gründlich eingeweicht wurde, hatten die Gliedmaßen, 
welche — ich muß es bekennen — bis dahin sehr stiefmütter 
lich oder fast gar nicht von mir mit Waschungen bedacht 
worden waren, und deren Waschung mir auch niemals ein 
Arzt als nöthig, meinem Luftröhrenleiden gegenüber, bezeich 
net hatte, einmal eine Naturwäsche bekommen, welche sich 
wirklich gewaschen hatte; der Oberkörper war, theils durch die 
dickeren Oberkleider, theils durch den Schirm geschützt, mehr 
oder weniger unberührt geblieben, und doch die gänz 
liche Befreiung vom Halsschmerz am andern Morgen trotz of 
fenbarer Bein- und Fußerkältung?! So auffallend diese Er 
scheinung, so würde es mir doch wahrscheinlich wie vielen An 
deren gegangen sein, welche Ereignisse um sich recht gut im 
Auge behalten und für sich benutzen, Ereignisse aber an sich, 
gewisse Lebensvorgänge ihres Körpers, theilnahmlos betrach 
ten oder wenigstens nichts davon für ihre Aufklärung, für die 
so wichtige Kenntniß von der Kunst, sich gesund zu erhalten 
oder gesund zu machen, zu Profitiren wissen. Aber der gute 
Professor Oertel — dem ich mich dafür aus alle Zeiten hin 
aus verpflichtet halte und dem unbewußt auch Mölsitz großen 
Dank schuldet — stach mir den Staar, meine Herren. 
Bürgermeister. Was wollen Sie nur immer mit 
'Ihrem Nutzen, den unsere Stadt von Ihrer Reise und von 
jenem Professor Oertel gezogen haben sollen? Schulden wir 
dem Manne 'was, so mag er sich melden — aber ich möchte 
bitten, daß Sie solche ehrenrührige Anspielungen möglichst bei 
Seite ließen. 
G. Augustin. Es giebt allerdings gewisse Geschenke, 
welche, weil sie geistiger Art sind, sich nicht sehen und auch 
nicht immer belohnen, am wenigsten würdig und reichlich be 
lohnen lassen! Wie nun, wenn der Herr Schuldirector die 
ihm gewordene Erfahrung und deren vom Professor Oertel 
hinzugefügte physiologische Erklärung in seinem künftigen 
Leben nicht blos an seiner Person und für sich allein, sondern 
auch bei und für die ihm anvertraute Kinderwelt benutzt, den 
Kleinen, durch Erzählung seines Erlebnisses und seiner daran 
sich knüpfenden allmäligen Erstehung aus schweren Krankheits 
banden die Wichtigkeit der täglichen und zwar ganzen, oder 
doch wenigstens Unterleib s-Körperwaschung vor Augen und 
Herzen geführt und einen Theil von ihnen dadurch für Ein 
führung dieser Gewohnheit an sich gewonnen hätte?! Würde, 
30 Jahre lang fortgesetzt, nicht allerdings solche Beleh 
rung in der Schule auf den ganzen physischen Zustand von 
Mölsitz nach und nach einen sichtlichen, günstigen Einfluß haben 
äußern können, ja äußern müssen?! 
Medicinalrath. Sehr Verehrter, da dürften Sie ge 
waltig auf dem Holzwege sich befinden. Der Mensch will 
nicht blos sehen, sondern auch fühlen, was ihm hilft und 
gut thut, und deshalb werden wohl am schwersten Kinder, 
selten auch selbst Erwachsene, bloßen Lehren nach gesund 
werden wollen. Geben Sie ihnen vollauf Fleisch und über 
haupt gute Kost, nebenbei, so oft nöthig, ein nichtiges, langes 
Recept, eine undurchsichtige Medicin, bunte Pulver und der 
gleichen, und sie werden viel mehr Lust haben, darnach, als nach 
Ihren Belehrungen zu greifen. Daß sich der Gesundheitszu 
stand m Mölsitz seit längeren Jahren schon verbessert, ist al 
lerdings eine unläugbare und auffallende Thatsache; daß diese 
aber ihren Grund in anderen, uns noch unbekannten Veran 
lassungen, als in der Belehrung über bloße Körperwaschungen 
haben muß, können Sie am besten daraus abnehmen, daß die 
schon früher hier, wie mir gesagt worden ist, aufgetretene, ich 
möchte sagen, endemische Kropfbildung bei den Leuten in 
den letzten Decennien weit stärker geworden ist. Hätten die 
Belehrung über und die Ausführung von der häufigeren Kör 
perwaschung den Gesundheitszustand in Mölsitz allein schon 
zu heben vermocht, so hätte auch die Disposition zur Kropf 
bildung schwinden, statt sich verschlimmern müssen. 
Schuldirector. Wie diese letztere Erscheinung sich 
erklären läßt, weiß ich auch nicht, und ebenso wenig will ich 
behaupten, daß mir allein etwa das Verdienst gebühre, den 
Mölsitzern zu einem besseren Gesundheitszustand verhelfen zu 
haben. Ich habe nur, da die Rede davon war, daß im 
Waschen und Waschen und dergleichen Formen ein Unterschied 
sein könne, dies aus meinem Leben und auch aus vielen Er 
fahrungen an den Kindern, welche ich im Laufe der Jahre 
in der Schule hatte und deren ferneres Leben und Gedeihen 
ich hier beobachten konnte, in etwas nachweisen wollen. Ich 
wurde seit jener Unterredung mit dem Professor Oertel und 
in Folge der von da an bei mir eingeführten veränderten 
Waschart gesund; ich wusch mir von da an täglich Abend (bei 
Bettgehen) oder, wenn ich darauf auszugehen oder mich sonst kör^ 
perlich auszuarbeiten Gelegenheit hatte, auch früh — zwar den 
Oberkörper ebenfalls, wiewohl stets etwas wärmer —, vor Allem 
aber regelmäßig den Unterkörper, von der Bauchdecke an bis 
über die Fußzehen herab, mit im Winter etwas abgeschrecktem, 
im Sommer auch ganz kühlem Wasser und zwar blos mittelst
	        
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