Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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langen an. Da bei solchen Sitzbädern nur das Gesäß in's 
Wasser kommt und der Zweck derselben eben eine Milderung 
der Nerven-Erregtheit überhaupt ist, (theils durch directe Be 
rührung der die Gefäßthätigkeit regulirenden Unterleibsnerven 
mit mildem Wassergrad, theils durch einige Kühlung des 
Blutes), so ist eine große Bewegung und Waschung gleichzeitig 
der übrigen Körpertheile nicht geboten, und es kann deshalb 
auch der übrige Körper, soweit er nicht vom Wasser berührt 
wird, bekleidet bleiben, bei vorgeschrittener Hautkräftigung ist 
es aber doch Vortheilhaft, sich dazu ganz auszuziehen und sich 
nur durch Umhängung einer Decke vor dem direetesten Luftzu 
tritt zu schützen, soweit dieser, wenn auch — wie nö 
thig — in Zimmertemperatur nicht unter 12 0 R. gebadet 
wird, noch empfindlich berührt Bequem ist die Entkleidung 
auch deshalb, weil nach diesem lau zu nennenden Sitzbade 
eine flüchtige Abwaschung der eingetaucht gewesenen Körper 
theile und der Schenkel und Füße mit kühlerem Wasser (ca. 
12 o) zuträglich erscheint. — Auch nach solchem Sitzbade ist 
Wiederherstellung völligen Wärmegefühles durch Bewegung re. 
unbedingt erforderlich. 
3) Während der Nacht trägt Patient um den Hals einen 
feuchten, wohl verpackten Umschlag und um den Unterleib 
eine ziemlich dicke', feuchte und ebenfalls trocken wohlver 
packte Leibbinde, welche letztere ebenso ableitend, als beruhi 
gend und die Darmthätigkeit fördernd wirkt, wie die erstere 
örtlich beruhigend und Schleim auflösend; sie müssen aber 
beide, wenn auch scharf ausgerungen, doch so dickfeucht sein, 
daß sie die ganze Nacht hindurch durch die Körperwärme nicht 
völlig ausgetrocknet werden können, sondern bis zum Morgen 
einen feucht-warmen Dunstkreis rings um die betr. Körper 
theile unterhalten. 
4) Ebenso bringt Patient seine Füße während Nacht in 
solche feuchte, trocken wohlverpackte Einschläge, sei es mit 
Tüchern oder mit geeignet starken, weißbaumwollenen Strüm 
pfen und resp. trockenen wollenen darüber. 
Folgt des Morgens beim Erwachen sogleich die volle, 
kurze, feuchte Einpackung, so ist eine besondere (kühle) Wa 
schung der von der Leibbinde und der Fußeinpackung berühr 
ten Theile nicht gerade durchaus erforderlich, wiewohl nützlich; 
aber falls diese totale Einpackung erst im Laufe des Tages 
eintritt, wird die morgendliche Abwaschung überhaupt des 
ganzen Körpers und ganz besonders der nächtlich eingepackt 
gewesenen Theile jedenfalls empfehlenswerth, vorausgesetzt, 
daß Bewegung darauf folgen kann. Ist dies nicht der Fall, 
so muß wenigstens trockene Frottation des Körpers und wie 
der besonders der eingepackt gewesenen Theile Platz ergreifen. 
5) Auch kleine, kalte Klystiere nach jeder gehabten Leibes 
öffnung empfehlen wir Ihrem Patienten als kräftige Ablei- 
tungsform: sollen selbige auch zur allmäligen Regelung des 
Stuhles mit beitragen, müssen sie aber außer nach der Lei 
besöffnung auch noch 2 — 3 Mal des Tages in Pausen von 
2 — 3 Stunden in kleinen Quantitäten frischen Wassers 
applicirt werden. 
Mit diesen Anwendungsformen müssen nun die Vorsichts 
maßregeln in der Diät ganz Hand in Hand gehen, wie sie 
in dem sub 1 der Kr.-Corresp. dieser Nummer behandelten 
Falle zu Ende angegeben sind. Der Genuß von Wasser sei 
auch bei Ihnen stets ein öfterer, aber in sehr kleinen Quan 
titäten auf einmal. 
Aus dem hydro-diätetischeu Verein zu Dresden. 
Extractc aus den früheren Protokollen des hydro-diätetischeu 
Vereins zu Dresden. 
Ejstract aus dem Proloeoll vom ll. April 1836. 
(Mittheilungen des Herrn Superint. M. über die Heilsamkeit 
des Wassers.) 
Im Verfolg der Besprechungen theilte nun der Herr Superin 
tendent M. der Gesellschaft mehrere an sich selbst gemachte Erfahrun 
gen über die Heilsamkeit des Wassergebrauches und nothwendige Vor 
sichtsmaßregeln dabei mit Er erzählte, was er, in früherer Zeit, und 
länger, als 10 Jahre hindurch, an Hämorrhoiden mit starkem Blut 
verluste leidend, und dadurch auf's Aeußerste ermattet, zu Beseitigung 
des hartnäckigen Uebels für ein hydropathisches Verfahren. beobachtet 
habe, nachdem er durch Allopathie und Homöopäthie vergeblich gesucht, 
dasselbe zu bekämpfen; — wieder aus allzu großer Anstrengung, bei 
überhäufter Arbeit, in lang anhaltende Schlaflosigkeit und allgemeine 
Ueberreizung verfallen sei, uud diese Uebel nur durch Abendbäder 
in der Elbe und durch kalte Waschungen vor dem Schlafengehen 
beseitigt habe; — wie er ferner nach einem heftigen Aergernisse in 
seinen amtlichen Verhältnissen die schon ausgebrocheuen Folgen des 
selben durch ein sogleich "genommenes eiskaltes Bao entfernt habe, so 
daß die sich übermäßig ergießende Galle durch die unteren Wege aus 
geführt und dem ausbrechenden Gallenfieber schnell ein Ende gemacht 
wurde 
Ferner theilt derselbe mit, wie ein Anderer aus seinem Orte 
aus übertriebenem Eifer so weit gegangen sei, ^daß er sich im Winter 
täglich zwei und drei Mal über und über mit Schnee abgerieben habe, 
in der Meinung, sich dadurch erst recht zu stärken. Allein dieses Ver 
fahren sei ihm gar übel bekommen Auf einmal seien bei ihm alle 
schlimmen Folgen gewaltsam unterdrückter Ausdünstung eingetreten, 
aller Schweiß fei ausgeblieben, und habe aus keine Weise anders, als 
durch einen behutsameren Gebrauch des kalten Wassers wieder hervor 
gebracht werden können. 
Extraot aus dem Prokocotl vom 2 Mai 1836. 
Zunächst theilte nun der Steindruckereibesitzer Herr N. dreierlei 
Ersahruttgeu mit über die wohlthätige Wirksamkeit oes kalten Wassers, 
die er selbst im Laufe dieses Jahres an Andern zu machen Gelegenheit 
gehabt. 
i) Ein gewisser Herbart, ehemaliger Kartenfabrckant, der jetzt 
chemische Feuerzeuge verfertigt, hatte schon im vorigen Jahre an einer 
langwierigen Brustkrankheit gelitten, bis ihm der hiesige Doetor Ru- 
black, dem er. als gefährlicher Auszehrungskranker, sich anvertraut 
hatte, den Rath gab, bei seinen unbemittelten Umständen, welche,zu 
einer weitaussehenden Kur, die nicht zu vermeiden sei, den erforder 
lichen Geldaufwand nicht verstatten werde, sich um eine unentgeltliche 
Behandlung seiner Krankheit bei der hiesigen Armeu-Versorgungs-Be- 
hörde zu bewerben Aus Scham, solches zu thun, behalf er sich jedoch 
von jetzt au ohne ärztliche Hülfe, blos mit allerhand Hausmitteln, 
während daß sich sein Zustand je mehr und mehr verschlimmerte. 
Inzwischen war ein Bekannter Herbart's zu Herrn R. mit 
der Nachricht gekommen, daß. man bei der täglich größer werdenden 
Abnahme der Kräfte des Patienten nur den baldigeil Tod desselben 
erwartete Dieses veranlaßte Herril R, bei dem ihm wohlbekannten 
Kranken noch vor dessen gänzlichem Hinscheiden einen freundlichen Be 
such zu machen Doch wegen zu großer Schwäche desselben konnte 
dieser nicht angenommen werden. Indeß hatte Herr R. bei dieser Ge 
legenheit der großen Heilsamkeit des frischen, reinen Wassers, das viel 
leicht auch hier noch helfen könne, erwähnt, uud in Folge dessen er 
kundigte man sich einige Zeit nachher bei ihm, was es denn mit der 
erwähnten Wasserkur für eine Bewandtniß habe. Die gewünschte 
Auskunft ward gegeben uud gerathen, bei der anhaltenden Schlaflosig 
keit des Kranken wenigstens mit Fußwaschungen im frischen Wasser, vor 
dem Eintritt der Nacht, einen unschädlichen Versuch zu machen Nack- 
Anwendung dieses Rathes^erfolgt eine seit vielen Wochen entbehrte 
Nachtruhe mit stärkendem schlafe, worauf man sich mit größerem Ver 
trauen nach dem weiteren Verfahren befragt Herr R. räth nun nicht 
nur zu oft wiederholtem Trinken Anfangs nur kleiner Schlückchen, 
und später einer größeren Menge frischen Wassers, sondern auch dazu,
	        
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