Volltext: Festschrift zum 400jährigen Bestande des öffentlichen Obergymnasiums der Benediktiner zu Kremsmünster

münster auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz 
von Volk und Staat aus staatspolizeilichen Gründen beschlagnahmt.‘ Da- 
mit. waren auch Gymnasium und Konvikt in Staatsbesitz übergegangen. 
Die Einziehung des Klostergutes erfolgte am 22, November 1941. Eine 
Gründung, die vor fast 1200 Jahren zur Christianisierung und Germani- 
sierung der auf der Enns-Traunplatte vordringenden Slaven gestiftet 
worden war und seine Aufgabe weit über den gesteckten Rahmen hin- 
aus durch die vielen Jahrhunderte erfüllt hatte, war damit‘ im Namen 
eben dieses deutschen Volkes, zu seinem „Schutz“ vernichtet worden. 
Die Männer, die diese Pionierarbeit deutscher Kultur an deutscher 
Jugend durch Jahrzehnte in selbstlosester Weise durchgeführt hatten, 
waren aus ihrem Eigentum vertrieben und mußten auswärts ihr Brot 
verdienen oder bei Mitbrüdern um Aufnahme bitten. Die jüngeren 
Professoren: P. Hildebrand, P. Pankraz, P. Rupert, P. Gotthard, P. Bene- 
dikt waren schon im Herbst 1938 in den Pfarreien zur Seelsorgearbeit 
eingesetzt worden. Nun mußten auch die alten hochverdienten Herren 
ihre Heimat verlassen. P. Gregor Wald] hatte als sterbenskranker Mann 
eine Aufnahme im St. Vinzenz-Krankenhaus in Kremsmünster gefunden, 
wo er schon am 6. Mai 1941 starb. P. Konstantin Werner zog sich nach 
Grünau im Almtal zurück. Er, der im Stifte wirklich nur der Wissen- 
schaft lebte und über Wissen verfügte, das gewiß seinesgleichen suchte 
„an Sprachen Französisch, Englisch, Italienisch, Spanisch, Tschechisch, 
Latein, Griechisch, ja selbst Sanskrit; aber auch Musik, Mathematik, 
moderne Physik (Radio), Geschichte, Geographie, Deutsche Literatur, 
Philosophie und Theologie — dieser Mann der Wissenschaft widmete 
sich nun trotz seines vorgeschrittenen. Alters der Seelsorge der armen 
Bergbewohner mit einem Eifer, die man dem stillen Gelehrten nie zuge- 
traut hätte. Ungeachtet schwerer Erkrankung an Angina pectoris ließ 
er es sich nicht nehmen, die weiten Versehgänge zu machen. Auf einem 
solchen brach er zusammen und wurde vollständig erschöpft nach Hause 
gebracht. Als er einmal sein geliebtes Stift besuchte und es in SO ver- 
wahrlostem Zustand sah, setzte er sich auf das „Rosenbankerl‘“. vor dem 
Eichentor und weinte wie ein Kind. Sein Grab ist auf dem herrlichen 
Bergfriedhof in Grünau, ganz nahe der Kirche. P. Prior Robert Huemer 
fand eine Zufluchtsstätte bei der gütigen Gräfin Theresia Kinsky im 
Schloß Kremsegg, So hatte er täglich den traurigen Anblick seines ehe- 
maligen Klosters vor Augen. Er starb am 26. 4.1943. P. Ernst Fanschek, 
den der 1. Schlag der neuen Regierung getroffen hatte, half noch ein 
Jahr im Unterricht bei den Benediktinern in Braunau (Tschechoslowakei) 
aus, kehrte dann zurück und fand. in der Pfarrei Thalheim bei Wels 
Unterkunft und Arbeit. Er starb unerwartet schnell im Welser Kranken- 
haus am 3. 1. 1944; P. Adalbero Huemer fand nach der Beschlagnahme 
des Stiftes durch die Gestapo im Pfarrhof zu Pfarrkirchen eine neue 
Heimat. Von allen Vertriebenen hat wohl er es am härtesten empfunden, 
weil er zu den Eifrigsten des Stiftes gehörte. Er erlebte noch die Rück- 
kehr des Abtes. Er starb am 15. 10. 1945. Ihm folgte bald P. Friedrich 
Mayer im Tode nach. Mit seinem geistlichen Bruder Prof. Anton Mayer 
verbrachte er die Zeit der. Verbannung anfangs in Viechtwang und dann 
in Aurolzmünster. Die Bitterkeit. des Heimwehes konnte er nie über- 
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