Volltext: Zwanzigstes Bändchen (20. 1938)

— 45 — 
und mittels strenger Regierungsverordnungen wurde vieles 
abgeschafft, verboten und weggeräumt, was frommer Sinn 
früherer Zeiten eingeführt und gegründet hatte. So wurden 
schon 1772 alle Wallfahrten ins Ausland durch die Staats¬ 
gewalt verboten, wodurch also auch hieher Wallfahrten aus 
größerer Entfernung nicht mehr stattfinden konnten. Diese 
sonderbare „Aufklärung" konnte insbesondere auch die hiesige 
Wallfahrt, die neu entstanden war und ihr Marienbild aus 
dem Auslande, nämlich aus Bayern, erhalten hatte, nicht 
leiden und 1777 kam zur großen Ueberraschung unseres 
ganzen Ortes der Auftrag, das Bild „Maria Landshut" 
aus der Kirche zu entfernen. Niemand hier begriff diesen 
Auftrag und die Bevölkerung, welche auch in dieser bitteren 
Zeit überall richtigen Blick und gesundes Urteil bewahrte, 
geriet in große Aufregung darüber, daß jetzt unser Marien¬ 
bild, vor dem man schon so oft in freudiger Andacht gekniet, 
vor dem man schon so viel Trost und Hilfe gefunden, jetzt 
einfach weggenommen werden sollte. Die Aufregung wurde 
immer größer und die Bevölkerung erklärte einmütig, sie 
lasse sich von gar niemand das Marienbild aus der Kirche 
wegnehmen und man sei entschlossen, für das Verbleiben 
des Marienbildes „Leib und Leben zu wagen". Hier¬ 
über berichtete der damalige hiesige Pfarrvikar Matthias 
Jetschko (aus Sarleinsbach stammend) an die Behörde und 
diese — gab nun nach, zog den erteilten Auftrag zurück und 
das Bild „Maria Landshut" ist heute noch hier. Für diese 
mutige Rettung unseres Gnadenbildes schulden wir heute 
noch unseren Vorfahren den größten Dank. Das Marienbild 
konnte nun hier verbleiben, aber 1784 wurden alle Wall- 
fahrten ohne Begleitung eines Priesters verboten. Im 
gleichen Jahre 1784 mußten auch alle Votivbilder (Gelübds- 
tafeln) und sonstigen Opfergegenstände, welche die Gläubigen 
zu unserem Marienaltar gebracht hatten, entfernt werden; 
so verfügte die höchste staatliche Behörde. Dadurch hörten 
die Wallfahrtszüge hieher ganz auf, man sah und hörte 
nicht mehr betende und singende Scharen ein- und aus¬ 
ziehen und ganz still war es geworden in unserem Orte. 
Ein kreisämtliches Schreiben aus dieser Zeit sagt, daß die 
Prozessionen nach Kleinzell „gänzlich eingestellt sind, von 
einzelnen Kirchfährtern hingegen ist der Zuzug Sommerszeit 
öfters beträchtlich". Die von der Staatsgewalt getragene
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.