Volltext: Sechstes Bändchen (6. 1916)

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Tannberg (bei Lembach) an das genannte Kloster ein Gut „neben" der Veste 
Wolfstein und vier Jahre darauf erwarben die Wolfsteiner dieses Gut „neben" 
ihrem Schlosse vom Kloster Willhering gegen ein anderes „an der Leiten" (jetzt 
Bauerngut „am Berg", Ortschaft Apfelsbach Nr. 10; dieses Haus gehörte bis 1848 
zu Willhering.) Das obige Gut „neben" dem Schlosse Wolfstein kann aber kein 
anderes sein, als der nachherige und jetzige „Bauer am Hof" — „zu Wolfstein", 
wie man im 18. Jahrhundert noch beigefügt findet. Auch das Fischereirecht, welches 
heute noch der „Bauer am Hof" in der Mühel hat, so weit dieselbe von seinem 
Grundbesitz berührt wird, ist ebenfalls ein deutlicher Hinweis auf die ehemalige 
Herrschaft. Daß der schon genannte Vischer in sein Burgenbuch wohl die Ansicht 
der umliegenden Schlösser und Ruinen, nicht aber Wolfstein aufgenommen hat, 
erklärt sich sehr einfach dadurch, daß zu Vischers Zeit Wolfstein schon ganz ver- 
schwunden war; es war dieses Schloß 1356 an die Gruber (auf der gegenüber 
liegenden Mühelhöhe in Kirchberg) gekommen und muß später an Pürnstein 
übergegangen sein. 
 
Kurze Bemerkungen. 
(Von Johann Sigl, Pfarrer im Ruhestande.) 
 
Gad = Sankt = heilig. 
Die Namen der Heiligen sprechen wir nicht kurzweg aus, sondern wir setzen 
die Beifügung heilig voraus und sagen also z. B. der heilige Petrus, Johannes, 
Martin. In der lateinischen, in der Kirchen-Sprache heißt aber heilig sanctus, 
daher auch in allen deutschen Gegenden das Heilig oft mit Sankt gegeben wird, 
also Sankt Petrus, Johannes, Martin. Orte, welche sich um die Kirche eines 
Heiligen gebildet haben, bekamen öfter auch selbst den Namen dieses Heiligen, 
und da wird dann immer statt heilig sankt gebraucht; so bezeichnet z. B. 
Sankt Martin auch einen Ort im Mühlviertel, welcher eine dem heiligen Martin 
geweihte Kirche hat. In der griechischen Sprache heißt heilig gathos (auch agathos) 
und da ist es denn sehr merkwürdig, daß im oberen Mühlviertel, und nur in diesem, 
bei den Ortsnamen anstatt sankt „gad" gebraucht wurde: Gad Peda, Gad Hans, 
Gad Ura (Ulrich), Gad Mörten (Martin), Gad Gobal (Gotthard) und Gad Stefa. 
Aber warum gerade hier das griechische Wort? Es läßt sich hiefür kaum eine andere 
Ursache denken, als daß es so von den ersten Missionspriestern, welche die Ver- 
ehrung dieser Heiligen in unsere Gegend gebracht haben, ist eingeführt worden, 
nachdem eben im Kirchenlatein auch griechische Worte vorkommen; es dürfte hiefür 
die von „Cella S. Mariae", d. i. vom heutigen Niederwaldkirchen, ausgegangene 
Missionierung in Betracht kommen. Anstatt des lateinischen Sankt das griechische 
Gad zu gebrauchen, das wurde und war auf solche Weise eine Eigenart des 
oberen Mühlviertels. Leider aber ist dieses „Gad" auch in unserer Gegend in 
den letzten Jahrzehnten — nach viel hundertjährigem Gebrauche — fast ganz 
verschwunden, nachdem nämlich auch das obere Mühlviertel dem Verkehr mehr 
und mehr erschlossen worden und man von allen Leuten, mit denen man zusammen- 
kam, nur mehr sankt und nicht mehr gad hörte. Aber warum sollte der Obermühl- 
viertler das „Gad" nicht mehr gebrauchen? Aufgabe der Heimatskundevereinigung 
ist es auch, die Eigenart in Sprache, Sitten und Kleidung zu wahren und zu 
schützen gegen die geschmacklose Gleichmacherei der neueren Zeit. Wenn wir „Gad"
	        
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