Volltext: Conrad von Hötzendorf

CHIFFERNDIENST 
verbot von Offizieren nach Serbien und Albanien aufgehoben und 
die Dotation für den Kundschaftsdienst erhöht werde. 
Einem besonderen, geradezu imverständlichen Widerstand be¬ 
gegnete der Chef des Generalstabes aus Anlaß der Schaffung des 
Chifferndienstes im Evidenzbüro des Gene¬ 
ralstabes. 
Die technischen Fortschritte in der drahtlosen Übermittlung 
von Nachrichten ließen erwarten, daß in einem künftigen Krieg 
von diesem Mittel ausgiebig Gebrauch gemacht würde, wobei 
naturgemäß mit chiffrierten Depeschen zu rechnen war. Es war 
von höchstem Wert, chiffrierte feindliche Depeschen mitlesen 
zu können. 
Das militärische Chiffemwesen hatte sich bis dahin darauf be¬ 
schränkt, eigene Depeschen mit einem den Zentralstellen und 
höheren Kommanden zur Verfügung stehenden Schlüssel zu 
geben und zu entziffern. Das Arbeiten mit unbekanntem 
Schlüssel, namentlich in fremden Sprachen, wurde nicht 
praktiziert, auch gab es hiefür kein geschultes Personal. Im 
Ministerium des Äußeren aber bestand wohl ein mit Fachleuten 
reichlich dotiertes Chiffemdepartement. 
Als ich dem Chef des Generalstabes über die Notwendigkeit 
eines militärischen Chiffernwesens referierte, war es nur zu 
naheliegend, die Unterstützung des Außenministeriums in An¬ 
spruch zu nehmen. Wider Erwarten kam vom Ministerium des 
Äußeren eine ablehnende Antwort, und auf ein noch dringen¬ 
deres Ersuchen eine grundsätzliche Abweisung. Das Chiffern- 
wesen sei das größte Geheimnis der Diplomaten und könne unter 
keinen Umständen einer Indiskretion preisgegeben werden. Con¬ 
rad sah sich veranlaßt, die Entscheidung Sr. Majestät zu erbitten, 
doch auch der Kaiser wollte der ablehnenden Haltung des Mini¬ 
steriums des Äußeren nicht entgegentreten. So war denn das Evi¬ 
denzbüro auf die Selbsthilfe angewiesen; zu einer Zeit, da im 
Rahmen des auf fünf Jahre gedrosselten Budgets des Kriegs¬ 
ministeriums weder eine personelle noch eine materielle Hilfe 
zu erwarten war. 
Trotzdem wurde die Sache angegangen. Ich berief einen Offi¬ 
zier ins Evidenzbüro, der die italienische Sprache grammatikalisch 
beherrschte, und gab ihm zunächst acht Wochen Zeit, um sich 
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