Volltext: Das Feuerwerkbuch von 1420

stammt jene Eintragung nur von dem Abschreiber, dessen Name, Jakob Pinchwanger, 
uns dadurch erhalten geblieben ist. 
Für Abraham von Memmingen sprechen nur die Umstände, daß er wie viele andere Büch¬ 
senmeister um die fragliche Zeit gelebt hat und — gleichfalls wie viele andere Büchsen¬ 
meister — für einen Fürsten ein Waffenbuch geschrieben haben soll. Solche Beweis¬ 
mittel können jedoch nur für das Yorliegen einer Möglichkeit, nicht aber für den Nach¬ 
weis einer Tatsache bewertet werden. 
Über den Verfasser kann daher nur soviel als feststehend angenommen werden, daß, so¬ 
lange nicht ein Beweis für die Auffassung Würdingers erbracht wird, Abraham von Mem¬ 
mingen nicht als Verfasser bezeichnet werden kann. 
Im übrigen geht aus dem Inhalt des Buches und aus dem, was darin nicht enthalten ist, 
hervor, daß als Verfasser nicht ein zwar des Schreibens kundiger, aber sonst gewöhn¬ 
licher Büchsenmeister in Frage kommt, der seine Kenntnisse aus anderen schriftlichen 
Aufzeichnungen zusammengestellt hat, sondern ein praktisch erfahrener, über den Durch¬ 
schnitt chemisch bewanderter und experimentierender Techniker, der alle bisherigen Er¬ 
fahrungen zu sammeln, zu sichten und in lehrhafter Form weiterzugeben wußte. Nicht 
eine einzige, waffentechnische, vorher erschienene Schrift in Deutschland und erst recht 
nicht im europäischen Ausland, das in jeder Beziehung hinsichtlich der Pulverwaffen auf 
die Belehrung durch deutsche Büchsenmeister angewiesen war, zeugt so wie diese von 
dem selbständigen und neue Bahnen einschlagenden Denken ihres Verfassers. Es braucht 
nur auf das Verfahren der Gewinnung von Schwefelsäure und auf das „Schießwasseri,\ 
den modernen Nitro-Explosivstoff, hingewiesen zu werden. Der klar urteilende Tech¬ 
niker erweist sich auch darin, daß er im Gegensatz zu vielen seiner weniger bedeutenden 
Nachfolger nichts von den längst bekannten Hinterladern, mehrläufigen und Revolver¬ 
waffen bringt, die alle mit der damaligen Technik noch nicht zu einer kriegsbrauchbaren 
Pulverwaffe ausgestaltet werden konnten. 
Würde der Name dieses Technikers bekannt sein, wäre ihm ein ehrenvoller Platz unter 
den deutschen Größen in der Geschichte der Technik sicher. 
Es darf aber hier nicht die Möglichkeit übergangen werden, daß nicht nur einer, sondern 
mehrere Verfasser in Frage kommen. Unterstützt kann eine solche Auffassung durch die 
Überlegung werden, daß der endgültige Umfang augenscheinlich nicht zu einem bestimm¬ 
ten Zeitpunkt festgelegt ist, sondern die Sammlung des ganzen Stoffes sich über eine 
Reihe von Jahren erstreckt haben wird. Das ist ohne weiteres an den zahlreichen Rezep¬ 
ten für die Zubereitung, Reinigung und Prüfung des Salpeters erkennbar, die zum Teil 
denselben Inhalt, nur mit anderen Worten, behandeln, zum Teil nur wenig voneinander 
abweichen. Selbst nach fast vollendeter Fertigstellung der Arbeit hat offenbar der Ver¬ 
fasser oder der neue Verfasser von Dingen Kenntnis erhalten, die er zwar vorher schon 
behandelt hat, die ihm aber zur Vervollständigung seines Lehrbuches doch wertvoll er¬ 
schienen und die er deshalb unter Anpassung an die bisher gewählte Form hinten außer¬ 
halb des Zusammenhanges nachgetragen hat (vgl. z. B. die allgemeinen Betrachtungen 
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