Volltext: Das Feuerwerkbuch von 1420

hernach geschrieben steht: wie man die von 
Anfang bis zum Ende ausrichten und gut machen 
soll. Und darum, weil der Stücke so viel sind, 
die dazu gehören, die ein jeglicher guter 
Büchsenmeister können soll und die ein Mei¬ 
ster ohne Schrift nicht in seinem Sinn behal¬ 
ten kann, darum so steht hernach geschrieben 
alles* was dann dazu nützlich und notdürftig ist. 
(2) Und zuerst erfolgen zwölf Fragen von den 
Stücken, die zu den Büchsen gehören, und er¬ 
folgt auch über etliche Fragen eine besondere 
Unterrichtung und Lehre. 
Die erste Frage, oh das Feuer den Stein aus 
der Büchse treibt oder der Dunst1, der von 
dem Feuer (aus-) geht. Nun sprechen etliche, 
das Feuer habe die Kraft, den Stein zu trei¬ 
ben2. Ich spreche aber: der Dunst hat die 
Kraft, den Stein zu treiben. Ein Beispiel: Nimm 
ein Pfund gutes Pulver und tu das in ein 
sämig3 Weinfaß und verschließ es gut, daß 
kein Dunst davonkommen kann, (es sei) denn 
aus dem Weidloch, mit dem du es anzünden 
willst. Und so es angezündet wird, so ist das 
Pulver unterderhand verbrannt, und zerbricht 
der Dunst das Faß. 
Die andere Frage, ob Salpeter oder Schwefel 
die Kraft hat, den Stein zu treiben. Sprechich: 
sie beide. Denn wenn das Pulver entzündet 
wird in der Büchse, so ist der Schwefel hitzig, 
und der Salpeter ist kalt, so daß die Hitze die 
Kälte nicht leiden mag, noch die Kälte die 
Hitze. (Das) sind zwei gegensätzliche Dinge. 
Also mag von ihnen jedwedes das andere nicht 
leiden, und ist doch eins ohne das andere nichts 
nütze. 
Die dritte Frage, ob wenig Pulver eher eine 
Büchse sprengt oder weiter schießt, als wenn 
man sie bis an den Klotz mit eingestoßenem 
Pulver füllt. Da sprech ich: wenn man die 
Büchse füllt bis an den Klotz, so mag das Feuer 
und der Dunst nicht genug Weite4 haben, den 
Schuß zu vollbringen, bis das Feuer einen Teil 
hinter sich ausgebrannt hat und der Dunst den 
Klotz herausschlägt. Ist aber die Büchse den 
Dritteil bis an den vierten Teil (geladen), so 
kann das Pulver im allgemeinen auf einmal 
verbrennen, und (dann) kann der Dunst seine 
Kraft vollbringen, und du schießest weiter, 
und die Büchse springt dann viel eher, wenn 
man sie füllt mit eingestoßenem Pulver bis an 
den Klotz. 
Die vierte Frage, ob ein linder5 Klotz von Lin¬ 
denholz den Stein besser treibt oder von har¬ 
tem Holz wie von Eichen und Buchen, wie ihn 
viele Meister gebrauchen, und ob diese Klötze 
kurz oder lang, trocken oder grün sein sollen. 
Sprech ich: die harten Klötze sind nicht gut, 
weil sie zu hart sind und sich nicht zusammen¬ 
drücken lassen und leicht aus dem Rohre 
gehen. Aber ein linder Klotz, eine gute Finger¬ 
breite zu groß, läßt sich doch bis auf seine 
Stelle hineintreiben und hält den Dunst viel 
besser zurück6 als die harten Klötze. 
Ferner7 wie ein Klotz sein soll, und welche die 
besten sind. 
Ein jeglicher Klotz soll nicht länger sein, als 
er breit ist. Die besten trockenen Klötze, die 
man haben kann, die macht man von trockenem 
Pappelholz. Aber die besten grünen Klötze 
macht man von grünem Erlenholz, aber die 
allerbesten grünen Klötze macht man aus Bir¬ 
kenholz, sobald es vom Stamme gehauen wird. 
Die fünfte Frage, ob der Stein weiter fliegt, 
wenn er hart anliegt oder wenn er weich an¬ 
liegt. Ich spreche: Je härter er anliegt, desto 
weiter fliegt er. Auch soll er sehr gut ver- 
schoppt8 sein, so daß kein Dunst entweichen 
kann, so wird der Schuß stark und weit. 
Die sechste Frage, ob die Pissen oder Speidel9, 
womit man den Stein verpisset, von weichem 
1 Das Wort „Gas“ ist erst von van Iielmont in Brüssel (1577—1644) neu gebildet. 2 Z. B. i. d. Münchener Handschrift 600, (b 2). 
3 Dickflüssig, hier also dick. 4 Spielraum. 5 Weicher. 6 Nach Nr. all u. a 12 (nach Jähns, S. 396) steht hier statt „behebt“ „be- 
heit“ und 7 statt „Form“ „Item“. 8 D. h. verstoppen, verstopfen, das gassichere Abdichten zwischen Kugel und Rohnvand, z. B. 
durch seilartig zvsammengedrehtes Tuch, das in Wachs getränkt ist, vgl. die 8. Frage. 9 D. h. Keile, mit denen die Kugel im 
Bohr „verpißt“, verpaßt, zentriert wurde; die „Pissen“, vielfach mundartlich „Bissen“, sind dann die keilförmigen „Paßstücke“. 
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