Volltext: Die Zigeuner in Ungarn und Siebenbürgen [Band 12]

Perlen dieser episch-lyrischen Volkspoesie aufgezeichnet. Wir wählen 
daraus folgendes Stück, welches durch H. von Wlistocki (im 
Berliner „Magazin für die Literatur des Auslandes") publicirt, aber 
unrichtiger Weise als eine „Hildebrands-Ballade der transsylvanischen 
Zigeuner" bezeichnet wurde; denn mit dem altdeutschen Hildebrands 
liede hat diese Ballade gar keine Verwandtschaft, wie sich jeder 
mann sofort überzeugen kann. Die Ballade lautet: 
Ando vesa, ando mal 
Ek o ternezar jial, 
Pala dromengro jial, 
Ko ek galave lyidsal. 
Mudardyas pures romes 
Ando na udude res, — 
Sikoro isphidyas les 
Ando 8ornan len romes; 
Pro na janglas ternezar, 
The ko hin odo thagar. 
Sigo ternezar jial, 
Kia bakilo jial, 
Sikarel pesra dakke 
O thagare galave. 
Korkores e day acel, 
Akor pedig cingardel: 
„Bibacht, bibacht tut marel, 
Te mudadyal tre dades, 
Kai cordyal o galaves.“ 
Auf der Aue, auf der Flur, 
Folgt ein Knab des Mannes Spur, 
Folgt ein Knab den: Wandrer sacht, 
Der ein Tuch mit sich gebracht. 
Und der Knab ihn tödtet bald 
In dem finstern, öden Wald; 
In des Heilgen Flusses Flut 
Wirft er ihn mit frechem Muth; 
Ach! er hatte nicht gedacht, 
Daß den Thagar er umgebracht. 
Drauf der Knab' im raschen Lauf 
Sucht das Weib Bakilo auf, 
Froh das Tuch der Mutter zeigt. 
Die erstaunt sehr lange schweigt, 
Ihren Sohn drauf laut verflucht: 
„Werd vom Unglück heimgesucht! 
Hast den Vater umgebracht. 
Ihm geraubt sein Thagartuch." 
Es trägt die erzählende wie die lyrische Volkspoesie der 
Zigeuner ohne Zweifel den bildnngslosen Charakter des herum- 
vagirenden, nnstüten Volkes an sich; sie ist roh, ausschweifend, 
grobsinnlich, ja häufig obscön. Die poetische Auffassung bekundet 
geringen Geschmack und wenig Gefühlstiefe; die Darstellung ist 
oft unbeholfen, naturalistisch einfach, derb; die Sprache unbeholfen, 
holprig. Aber trotz dieser Mängel, die wesentlich in dem niedrigen 
Culturzustande dieses verwahrlosten Volkes wurzeln, begegnet man 
Musi? und Gesang der Zigeuner.
	        
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