Volltext: Die Zigeuner in Ungarn und Siebenbürgen [Band 12]

Geistiges und sittliches Leben. 
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Geistiges und sittliches Leben. 
Bei der Beurtheilung der geistigen und moralischen Zustünde 
eines kulturlosen Volkes gerätst der Cultnrmensch leicht in die 
Gefahr, schiefe Urtheile zu fällen, weil es überaus schwer fällt- 
sich auf das Niveau der zu beurtheilenden „Naturmenschen" zu 
stellen. Das ist auch den Zigeunern gegenüber der Fall. Es sind 
darum die Urtheile über deren intellectuelle Anlagen und Fähig 
keiten sowie über ihre Sittlichkeit nur in relativer Weise, d. i. von 
unserem Gesichtspunkte aus aufzufassen. Der Zigeuner selbst dünkt 
sich keineswegs als der tiefstehende, verlassene und verachtete Paria; 
weit eher hält nur er sich für einen wirklichen, selbständigen Men 
schen (rom), dessen höchster Lebenszweck darin bestehe, ein — 
Zigeuner zu sein. Sitte, Verfassung, Religion anderer Menschen 
bleiben ihm unverständlich und deshalb verhält er sich dagegen auch 
gleichgiltig und theilnahmslos. Die Zigeuner schließen sich heute 
ebenso wie vor Jahrhunderten von der Gemeinschaft mit anderen 
Stämmen ab, suchen hinwiederum gerne die Annäherung und Ver 
bindung mit Ihresgleichen. Diese Abgeschlossenheit gegen äußere 
Einflüsse und das Gefühl der Zusammengehörigkeit der Zigeuner 
unter einander bringen es mit sich, daß man bei den Zigeunern 
in allen Ländern ziemlich dieselben Gewohnheiten, dieselben Tugenden 
und Laster findet. „Zwischen den Zigeunern in Ungarn," sagt 
der ungarisch-französische Schriftsteller de Gerando, „und denen 
in den französischen Pyrenüendepartements läßt sich kein Unterschied 
auffinden." Gleichwohl wird man neben bent vorherrschenden 
Gemeinsamen und Ererbten im Einzelnen auch die mannigfaltigen 
Einwirkungen der Örtlichkeiten und der Schicksale in den einzelnen 
Ländern sowie die Wechselwirkungen des Charakters und Benehmens
	        
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