Volltext: Die Juden [Band 7]

Sitten, Gebräuche, Charakter. 
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III. Sitten, Gebräuche, Charakter. 
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, sämmtliche Sitten und 
Gebräuche, die unter den Juden bestehen welche, überdies der 
mannigfaltigsten Art sind, zu beschreiben, denn zu diesem Zwecke 
müßten wir ein besonderes Werk verfassen. Ebenso wenig ist es 
unsere Absicht, den Ursprung dieser Sitten und Gebräuche ausein 
ander zu setzen und sie mit Gebräuchen, wie sie bei Nichtjuden 
in und außerhalb Österreich vorkommen, zu vergleichen. Manche 
derselben, die sich bis auf den heutigen Tag erhalten haben, 
finden sich auch bei Mohammedanern oder bei Persern und Baby 
loniern wieder, in deren Gemeinschaft die Juden in früherer Zeit 
lebten. Wir müßten dann wissenschaftliche Untersuchungen und 
gelehrte Abhandlungen geben, für welche hier kein Raum ist. Wir 
wollen ausschließlich über die landläufigsten, am häufigsten vor 
kommenden Sitten berichten, wie sie zumeist bei den strenggläubigen, 
conservativen Juden noch heute in allen österreichisch-ungarischen 
Kronländern anzutreffen sind. *) 
Folgen wir zunächst dem Lebenslaufe des Menschen. 
Wenn die Stunde der Geburt nahet, bringt man an Thüren 
und Fenstern der Wochenstube, „Kindbettbriefchen" (Amulette) an, 
um sowohl die Wöchnerin, wie das Kind vor bösen Geistern und 
Dämonen, die durch Fenster und Thüröffnungen in die Zimmer 
kommen, zu schützen. Den Inhalt dieser Amulette bilden der 
Psalm 121, ferner Namen von Dämonen, welche die Perser 
fürchteten und den Schluß des Verses Exodus 22, 17: „Eine 
Zaubererin sollst du nicht leben lassen." Ist das nengeborne Kind 
*) Das Leben und Treiben in der „Gasse" wurde von Leopold Kompert 
in seinen Novellen und Erzählungen in poetischer Form dargestellt. 
Die Juden in Österreich-Ungarn. 8
	        
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