Volltext: Graf Stefan Tisza

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Erst mußte die habsburgische Macht in allen Teilen wanken, 
die Sicherheit des historischen Ungarn in seinen Grundfesten 
erschüttert werden, damit Tisza herabsteige zu seinen Gegnern, 
um mit ihnen gemeinsam das Dogma jenes „unabhängigen 
Ungarn“ zu bejahen, dem, von allen angeschlossenen und ver¬ 
bündeten Völkern verlassen, sonst keine Wahl mehr übrig 
bleibt, als sich seiner selbst zu besinnen und zu retten, was sich 
eben noch retten läßt. Nun bekennt sich Graf Stefan Tisza auf 
den Trümmern seiner stolzen Hoffnungen und Ideale zu der 
Unabhängigkeit eines zerfetzten, zerfahrenen Landes, zu dem 
einzigen Gut, das man nach dem allgemeinen Verfall noch 
fordern darf. Es ist nicht der kühne, luftige Traum der 
Kossuths und Iränyis, es ist ein trister Schutthaufen bloß. 
Tisza, der diese traurige Unabhängigkeit nur mit schmerz¬ 
hafter Resignation als der Weisheit letzten Schluß für sein 
Land beansprucht, ist im Grunde kein Fordernder mehr, 
sondern ein Verzichtender, äußerlich der alte, ungeknickte 
Athlet, innerlich um seinen Lebensinhalt betrogen. Dieses 
jähe Sich-Lossagen von allen Zielen und Idealen der politi¬ 
schen Kampf jahre kündet den seelischen Scheitelpunkt von 
Tiszas Tragödie, die sich nur zu bald auch körperlich vollen¬ 
den soll.
	        
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