Volltext: Geschichte der Stadt Gmunden in Ober-Österreich. Zweiter Band (2 / 1899)

Religionsgenosfenschasten. 
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Don dem Stadlschreiber Matthäus Gugge«Pichler „wegen Gotteslästerung" 
dem Pfleger Don Ort als weltlichen Religionscommissär dennncirt, und Do» diesem 
gefangen gesetzt worden. Erst nach Diermonatlicher Haft erwirkte seine Mritter Don 
dem Religionsconseß in Linz einen Freispruch. Von nun an hielt sich Fernschild bei 
einem Unterthan des Freisitzes Weinberg, dem Johann Hofstätt er vulgo 
„WurzenWeber" am Tastelberg (dermalen Tastelbergweg Nr. 1) auf, dessen Kinder 
er um Kost und Wohnung, bis er beides zu Dergüten im Stande wäre, unterrichtete. 
Im Herbste 1770 wurde er über Auftrag des landesfürstlichen Salzamtmannes 
Fchanz Vincenz Don Schar ff durch eine Abtheilluig der in Gmunden liegenden 
Truppen abermals arretirt und nach Wels zum Regimeutsstabe gebracht. Vermuthlich 
wollte man ihn unter die Soldaten stecken und hiedurch unschädlich machen. Da 
er aber „wegen kurzer Person und kurzem Gesicht zur Miliz nicht tauglich war", 
ließ man ihn nach einigen Tagen wieder laufen. Dafür mußten die Organe des 
Landgerichtes Ort auf Befehl des Religionsconsesses in Linz sowohl die Person 
als die Wohnung des Fernschild um so schärfer überwachen. Und in der That 
gab dessen ferneres Verhalten gar bald den gewünschten Anlaß zum Einschreiten: 
Wiederholt hatte der „Student", wie man ihn knrzweg nannte, in Gasthäusern, 
darunter besonders in Baumgarten, und häufig auf offener Straße über religiöse 
Dinge disputirt, auch einige Male den in Gschwandt stationirten Missionär 
beschimpft. Beim „Wurzenweber" aber pflegte Fernschild an mehreren Tagen der 
Woche, sicher aber an jedem Sonn- und Feiertage während des katholischen 
Gottesdienstes förmliche Predigten und Andachtsübungen zu Deranstalten, an 
welchen nicht nur die Hausleute, sondern auch Auswärtige theilnahmen. Während 
eines solchen ConDentikels, am 9. August 1772, erfolgte nun auch seine Ver¬ 
haftung. Bei ihm wurde auch der Mühljunge Leopold Klackl Don der 
Aumühle in Pinsdorf angetroffen und gleichfalls in Verwahrung genommen. Bei 
dieser Gelegenheit saisirte man nicht nur eine Anzahl Derbotener Bücher, sondern 
auch eine an die Kaiserin um Einführung der Religionstoleranz gerichtete Bitt¬ 
schrift, welche Fernschild „im Namen aller sowohl in Siebenbürgen exulirenden 
als annoch hier zn Lande in ecclesia pressa lebenden oberösterreichischen eDan- 
gelischen getreuen Unterthanen" Derfaßt und zur Absendung vorbereitet hatte. 
Während der Untersuchung, die beim Landgerichte Ort geführt wurde, bekannten 
sich beide „des Irrglaubens, der Verführung und Aufwiegelung Derdächtige" 
Delinquenten ganz „ungescheut zur lutherischen Religion" und gestanden auch zu, 
mehrere Katholiken „irre gemacht und fast auf ihre Seite gebracht zu haben". 
Durch sie erschienen nicht nur die Hausleute Fernschild's, sondern auch mehrere 
Bewohner des Aurachthales, im Ganzen aber elf Personen in Glaubenssachen 
stark compromittirt, und wurde der entstandene Verdacht durch die in manchem 
Hause in nicht geringer Anzahl entdeckten lutherischen Bücher bekräftigt. Aus 
dem gleichen Grunde fahndete man eifrig nach Fernschild's Mutter, die als 
Bettlerin im Lande herumzog. Während nun alle jene Lente, die man überhaupt 
auf freiem Fuße belassen hatte, nach Abschluß des Processes Derhältnismäßig 
glimpflich daoo» kamen, mußten Fernschild nnb sein Leidensgefährte Klackl die 
ganze Härte der Justiz fühlen: Nachdem sie fast zwei Dolle Jahre zn Ort im
	        
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