Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

650 Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn. 
„Falkenhayn ist seiner selbst nicht ganz sicher ... Er sagt mir, er brauche 
jemanden, der ihm riete und ihn stütze, sein zweites Gewissen sei. Cr habe 
in Aussicht genommen, mich als Berater bei sich zu behalten". Und wenn 
der Generalstabschef am 18. November in einer Drahtung an Generaloberst 
von Conrad es für ausgeschlossen erklärte, daß die Verstärkungen vom 
Westen, zu deren Hergabe er sich inzwischen bereit gefunden hatte, „noch 
rechtzeitig zur Mitwirkung bei den in Westpolen im Gang befindlichen 
Entscheidungen herangeführt werden"') könnten, wenn er weiter an dem¬ 
selben Tage in einem Schreiben an den Oberbefehlshaber Ost aussprach, 
es bestände augenscheinlich keine Hoffnung, „daß das Eintreffen neuer Kräfte 
in dem in den Grenzen des Möglichen liegenden Umfange eine endgültige 
Entscheidung im Osten herbeiführen würde"'), so lag darin ein wenn auch 
unfreiwilliges Zugeständnis eigenen Mißerfolges und damit geschwundener 
Hoffnung auf ein großes Ergebnis. 
Mochten solche Äußerungen auch nur eine vorübergehende Stimmung 
des Generals von Falkenhayn widerspiegeln, so ist seine seelische Er- 
schütterung durch den Fehlschlag von Npern doch nicht ohne tiefgreifende 
und langdauernde Folgen für die Haltung geblieben, die er fortan der 
Gesamtlage gegenüber eingenommen hat. Wir sind freilich in dieser 
Beziehung mangels urkundlicher Belege im wesentlichen auf die Aus- 
sührungen angewiesen, die er nach dem Kriege in seinem Erinnerungswerk 
gemacht hat. Seine dort niedergelegten Auffassungen^) finden aber ihre volle 
Bestätigung durch sein tatsächliches Verhalten. Danach darf als feststehend 
gelten, daß er in der nüchternen, an sich durchaus richtigen Erkenntnis, daß 
das Kriegsende weit hinausgeschoben war, im Winter 1914/15 die Aufgabe 
der Mittelmächte nicht mehr darin gesehen hat, den Ring der feindlichen 
Koalition durch militärische Vernichtung eines der Gegner oder mehrerer 
nacheinander zu sprengen und damit die anderen friedensgeneigt zu machen. 
Seine Beurteilung der Erfolgsmöglichkeiten und Aussichten kam vielmehr 
in dieser Zeitspanne nahezu einem Verzicht auf den Gedanken gleich, die 
Kriegsentscheidung mit militärischen Machtmitteln aus eigener Initiative 
überhaupt noch zu erzwingen. 
Gewiß muß es als Verdienst des Generals von Falkenhayn gewertet 
werden, daß er frühzeitig „den täglich klarer hervortretenden Plan Eng- 
lands, den Krieg durch Aushungerung und Abnutzung zu gewinnen", erkannt 
hat. Da der an sich naheliegende Gedanke, diesem Vorhaben durch nick- 
sichtslosen Einsatz der deutschen Seestreitkräfte wirksam zu begegnen, nach 
Ansicht der Marineleitung vorderhand keinen Erfolg versprach, so sah der 
1) Band VI, S. 95. 
2) von Falkenhayn, a.a.O., ©.20ff.
	        
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