Volltext: Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung (10. 1936)

648 Rückblick auf die Kriegführung des Generals von Falkenhayn. 
der Stunde der Not berufene, von leidenschaftlichem Siegesdrang beseelte 
Mann sich mit der ganzen Zähigkeit seines unverbrauchten Willens gegen 
das öffentliche Eingeständnis seines Fehlschlages wehrte, wie es ihm in 
dem Abbruch der Offensive auf dem westlichen Kriegsschauplatz zu liegen 
schien. Schließlich stand hierbei mehr auf dem Spiel als die eigene Person 
und der Feldherrnruhm, es ging um die Rückwirkung auf die seelische 
Haltung des Heeres, um das Vertrauensverhältnis zwischen Führung und 
Truppe, ja zwischen Führung und Volk. Je höher die Hoffnungen gespannt 
waren, mit denen Heer und Heimat das schwere Ringen auf flandrischem 
Boden begleiteten, wo Deutschlands beste Jugend dem Feinde entgegen- 
stürmte, um, wie man felsenfest vertraute, den endgültigen Sieg sicher heim- 
zubringen, um so mehr mochte der Generalstabschef besorgen, daß ein tiefer, 
in seinen Folgen unberechenbarer seelischer Rückschlag eintreten könne, wenn 
er diesen Angriff aufgab und damit öffentlich eingestand, daß alles heiße 
Mühen, alle blutigen Opfer vergeblich gewesen waren. Auch aus die Stim- 
mung der Bundesgenossen, auf die Haltung der Neutralen und auf die 
Siegeszuversicht der Feinde konnte solcher Ausgang verhängnisvolle Wir- 
kungen üben. Alle derartigen Sorgen und Befürchtungen ließen sich durch 
einen nach außen sichtbaren und eindrucksvollen Waffenerfolg beheben, der, 
auch wenn er örtlich begrenzt blieb und keinerlei Einfluß mehr auf die 
Ingangsetzung des Bewegungskrieges hatte, doch moralisch und politisch 
von großer Tragweite werden konnte. Wurde durch eine letzte, äußerste 
Kraftanstrengung das heiß umstrittene Z)pern zu Fall gebracht, das operativ 
völlig wertlos, auch taktisch kaum von Bedeutung, doch moralisch das 
Palladium der Feinde war, dann sah die ganze Welt den Sieg der deutschen 
Waffen. 
Gegen solche Gedankengänge läßt sich rückschauend freilich viel ein- 
wenden. Die Moral von Heer und Volk stand so hoch, daß sie weit ernstere 
Belastungen unschwer zu ertragen vermocht hätte. General von Falken- 
Hayn hat wenig später im Heeresbericht erklärt, daß das Ziel der Kämpfe 
in Flandern durch die völlige Vereitelung der feindlichen Umfassung?- 
versuche erreicht sei, und diese Erklärung hat ihre Wirkung nicht verfehlt. 
Für die Haltung des verbündeten und neutralen Auslandes konnte ein 
entscheidender Sieg über das russische Heer von ungleich größerem Einfluß 
werden als der Fall von Npern. Die Donau-Monarchie und der neu ge- 
wonnene türkische Bundesgenosse, aber auch die neutralen Staaten Rumänien 
und Bulgarien wurden durch den Gang der kriegerischen Handlungen im 
Osten viel unmittelbarer berührt als durch Ereignisse in Flandern. Auch 
für England und Frankreich hätte es eine bittere Enttäuschung bedeutet, 
wenn sie sehen mußten, wie die Hoffnungen, die sie gerade im jetzigen
	        
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