Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

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Der Feldzug im Osten bis Ende Oktober 1914. 
15. Oktober 1914 hieß es, er denke sich das „Eingreifen der von Süden 
herankommenden Kräfte nicht als frontales, tropfenweises Cntgegenwerfen, 
sondern als einheitlichen Stoß von Süden gegen Flanke des über die 
Weichsel gelangten Gegners"^). Dieser Plan fand schließlich klaren Aus- 
,e. Oktober, druck in der tags darauf, am 16. Oktober, an das deutsche Ober- 
kommando gerichteten Mitteilung: „Nach hiesiger Ansicht müßte sich 
deutsche Armeegruppe vor Warschau unbedingt halten, während die der 
Weichsel-Strecke Kasimjersh—Iwangorod—Kosjenize gegenüber befindliche 
deutsche Gruppe gegen Westen ausweichen kann, um dadurch dem Stoß der 
1. Armee von Süden her gegen Norden die Chance zu einem Flanken¬ 
angriff zu eröffnen. Von diesem Stoß hängt hier einzig und allein eine 
durchgreifende Entscheidung ab, es ist daher unerläßlich, daß er mit allen 
Kräften der 1. Armee einheitlich geführt werde." Die 1. Armee solle in die 
Linie Weichsel—Radom einrücken, dürfe aber nicht mehr durch Abgaben für 
die Abwehr an der Weichsel selbst geschwächt werden; diese Aufgabe müsse 
vielmehr in der Hand der bisher dafür eingesetzten deutschen Truppen (Land- 
wehrkorps) bleiben. 
Zufälligerweise und völlig unabhängig von dem österreichisch-unga- 
rischen Plan, den er gar nicht kannte, äußerte sich gerade am Mittage 
desselben 16. Oktober der Kommandierende General des vor Iwangorod 
liegenden Garde-Reservekorps in einem Ferngespräch mit General Luden- 
dorff in ähnlichem Sinne wie die verbündete Heeresleitung. Von der 
Lage seines eigenen Korps ausgehend, meinte General v. Gallwitz, der 
Angriff gegen die russischen Brückenköpfe sei zu schwer. Cr bezweifelte, 
daß durch die bisherige „Absperrungstaktik" ein „positiver Erfolg" zu er- 
reichen sei; sie koste Zeit und Kräfte; man müsse sie aufgeben und alles zu 
einem großen Schlage zusammenfassen. Der Oberquartiermeister der Armee, 
Oberst v. Sauberzweig, vertrat eine ähnliche Auffassung. 
Anders der Oberbefehlshaber und General Ludendorff: Sie waren der 
Ansicht, daß der Gegner bei Iwangorod wahrscheinlich nur vorsichtig über 
die Weichsel folgen und sich alsbald wieder eingraben werde. Auch be- 
fürchteten sie vom Zurückgehen an dieser Stelle eine ungünstige Wirkung auf 
die unmittelbar benachbarte Front der Verbündeten. Seitdem der öfter- 
reichifch-ungarifche Angriff über den San sich von Tag zu Tag hinaus- 
zögerte, zweifelten sie, ob die verbündeten Truppen, für den Fall, daß die 
Russen wirklich in Massen über den Strom kämen, ausreichende Kraft zum 
Gegenangriff besäßen. So teilten sie die Hoffnungen nicht, die General 
v. Conrad auf den Stoß gegen die aus Iwangorod „hervorquellenden" 
*) Kriegsarchiv Wien, Studie des Oberstleutnants v. Ioly,
	        
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