Volltext: Der Herbst-Feldzug 1914 ; 1. Im Westen bis zum Stellungskrieg, im Osten bis zum Rückzug (5. 1929)

Die Kämpfe zwischen Arras und La Vassee kommen zum Stillstand. 217 
sammen. Der höchste Zwischenraum überschreitet kaum drei Kilometer. Die Ort¬ 
schaften sind nach außen geschlossen, die Häuser sind massiv, haben Mauern mit dop¬ 
pelter Vacksteinlage und mehr, sie sind festgefügt und bieten dem Feuer wenig Stoff. 
Dieser lokalen Eigentümlichkeit hat sich die französische Taktik sehr geschickt an- 
gepaßt. Alle Orte, Gehöfte und Schlösser, ob sie nun neben- oder hintereinander 
liegen, sind besetzt, eingerichtet und werden mit Hartnäckigkeit verteidigt. Wir sind 
genötigt, andauernd mit Überlegenheit, vielfach unbewußt mit starker Überlegenheit 
gegen Minderheiten zu kämpfen; beim ersten Dorf geht es noch mit großem Clan 
daraus, beim zweiten, dritten, vierten geht der Schwung immer mehr zurück, und der 
Kamps nähert sich dem zähen Festungskrieg. Das Vorwärtskommen kostet sehr viel 
Zeit und sehr viel Vlut,es verbraucht die Gefechtskraft der Truppen im höchsten Maße. 
Ich spreche selbstverständlich nur vom Standpunkte meines Korps aus, und ich 
würde es gewiß mit Freude betrachten, wenn andere Korps die Aufgabe leichter 
lösten, aber auf Grund meiner Beobachtungen nach links und rechts befürchte ich, 
daß auch sie schließlich an den Eigentümlichkeiten dieses Kriegsschauplatzes anstoßen. 
Mein Korps hatte nur am 1. und 2. Oktober Begegnungsgefechte, die spielend ver¬ 
lausen sind. Seit dem 3. Oktober — und wir zählen heute den 10. — kämpfen meine 
Truppen nur um Ortschaften; die Wegnahme von Izel, von Neuvireuil, von Oppy, 
Fresnoy, Arleux und Bailleul beanspruchte mindestens einen, bei letztgenanntem 
Ort sogar drei Tage. Und jetzt steht mein Korps mit mehr oder weniger aus- 
gebrannter Truppe vor vier neuen Dörfern (Noelineourt, Ecurie, Mont St. Cloy 
und Villers au Vois), die wie Festen herüberragen, und weiß nicht, wie sie nehmen. 
Nachdem ich nicht annehmen kann, daß meiner Truppe eine Schuld hieran bei- 
zumessen wäre, glaube ich das Ergebnis meiner Beobachtung und meiner Erwägung 
dahin zusammenfassen zu dürfen: Unsere Taktik ist den örtlichen Verhältnissen nicht 
angepaßt. Wir kämpfen doch auf dem entfcheidungfuchenden Flügel und sollten kurze 
entschiedene Schläge austeilen, statt dessen müssen wir uns kilometerweise den Boden 
erkämpfen. Die Ursache ist die ungenügende Ausstattung mit schwerer Artillerie 
und mehr noch die ungenügende Nachfuhr an schwerer Munition. Zur Zeit liegen 
die Verhältnisse so, daß nur mit größter Energie täglich der allernotwendigste Be- 
darf für den kommenden Morgen bereitgestellt werden kann. 
Ich bin der Anschauung, daß wir die entgegenstehenden Schwierigkeiten zuviel 
mit Menschenkraft, zu wenig mit technischer Unterstützung zu brechen suchen. Unser 
Gegner hat sich die ihn stärkenden Burgen seines Vaterlandes nutzbar gemacht, und 
wir arbeiten mit den Mitteln der Feldschlacht weiter. Ich glaube, daß wir viel 
rascher und viel sicherer ans Ziel gelangen, wenn wir hier schwere und schwerste 
Kampfmittel, selbst schwerste Mörser und Pionier-Regimenter mit Minenwersern 
einsetzen, selbst wenn deren Antransport bis zu einem hohen Prozentsatze die 
Truppentransporte verzögern würde. Es hat keinen Zweck, mit der Infanterie gegen 
unberührte, krenelierte Mauern anzustürmen; wir bedürfen der Unterstützung durch 
ein Geschoß, das eine panikartige Wirkung auf die feindliche Ortsbesetzung besitzt." 
Infolge des Auftretens starken Feindes vor der Heereskavallerie und 
angesichts der zunehmenden Wahrscheinlichkeit eines feindlichen Angriffs aus 
Richtung Dünkirchen neigte man beim Oberkommando jetzt mehr zu der 
Ansicht, daß die Entscheidung nicht südlich der Lys, sondern in Nordflandern
	        
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