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Der Entschluß zum Durchbruch bei Gorlice.
ZI. März
bis Z. April.
meldete, ein Durchstoßen der feindlichen Stellungen in Richtung auf Kielce
und südlich für durchführbar, wenn eine Überraschung gelänge. Cr wies
aber auf die schwer zu überschreitenden sumpfigen Flußniederungen hin.
Ein Überschreiten der Weichsel könnte erst in Betracht kommen, wenn auch
die zweite feindliche Stellungszone genommen sei.
Auch mit dem Chef des deutschen Feldeisenbahnwesens, Oberst
Groener, hatte General v. Falkenhayn in der zweiten Hälfte des März
mehrfach „die Möglichkeiten, im Westen herausgezogene Armeekorps nach
dem Osten zu werfen'"), erörtert, ünter dem 28. März verzeichnet Oberst
Groener in seinem Tagebuch: „Die Lage hat sich nun so gestaltet, daß
man nach der Stelle sucht, wo man eine entscheidende Operation machen
könnte." Der Chef des Feldeisenbahnwesens wurde mit der Ausstellung
von Studien über den Abtransport der hinter der Westfront bereitgestellten
Verbände nach dem Osten beauftragt. Für die Versammlung dieser
Kräfte wurden verschiedene Möglichkeiten zugrunde gelegt: ein Vorgehen
aus dem nördlichsten Ostpreußen nördlich Kowno, in Polen beiderseits
der Pilica, nördlich der Tatra, südlich der Tatra. Am 31. März hielt
Oberst Groener dem Chef des Generalstabs des Feldheeres über seine
Operationsstudien Vortrag. Hierbei wurde insbesondere „die Ver>
sammlung von fünf bis sechs Armeekorps in Oberschlesien und angrenzendem
österreichischen Gebiet zum Vorgehen nördlich der Tatra, desgleichen im
Raume zwischen Donau und Tatra zum Vorgehen südlich der letzteren^)"
besprochen. Am Schluß des Vortrages erhielt Oberst Groener den Auf¬
trag, „die Versammlung von Teilen (drei Armeekorps) möglichst weit
östlich, und zwar etwa in Linie Reu-Sandec—Tarnow" zu bearbeiten.
Alles dies waren indessen nur vorausschauende Maßnahmen für einen
an sich durchaus unerwünschten, die Pläne der deutschen Obersten Heeres-
leitung kreuzenden Notfall.
Schneller als man für möglich gehalten und befürchtet hatte, schien
dieser Notfall Anfang April einzutreten. Der um die Monatswende
März/April durch Generalfeldmarschall Freiherrn v. der Goltz wieder in
Fluß gebrachte Gedankenaustausch der beiden Generalstabschefs über die
Frage des serbischen Feldzugs^) wurde am Abend des 1. April durch eine
Meldung des Generals v. Cramon über eine gefährliche Wendung der
Lage an der Karpaten-Frontch jäh unterbrochen: Die an verschiedenen
Stellen eingedrückte österreichische 2. Armee gehe in die ungefähre Linie
Virava—Üzsoker-Paß zurück. Sodann hieß es: „Exzellenz Conrad ist
weitere ünterstützung mehr als je erwünscht, und zwar entweder durch eine
i) Tagebuchaufzeichnungen des damaligen Oberst Groener. — 2) S. 337 f. —
3) S. 129 ff.