Volltext: Jahresbericht des mit dem Öffentlichkeitsrechte beliehenen Fürstbischöflichen Gymnasiums am Seckauer Diöcesan-Knabenseminar Carolinum-Augustineum in Graz 1919/20 (1919/20)

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Daraus ergibt sich, daß für den größten Teil des steirischen Volkes 
J). aus den vorhandenen Matriken sich eine Genealogie aufstellen läßt, deren 
Stammbäume auf 300—400 Jahre zurückgeführt werden können. Auch jene 
Pfarrmatriken, die erst nach 1650 beginnen, sind für die genealogische 
Darstellung nicht wertlos; denn abgesehen davon, daß sie teilweise nur eine 
Fortsetzung älterer Matriken bilden, gestatten auch jene Pfarrbücher, die 
einen derartigen Zusammenhang nicht haben, die Aufstellung von Stamm 
bäumen, die auf mindestens 200 Jahre zurückreichen. Das ist aber bereits 
erheblich mehr, als die gewöhnlichen genealogischen Kenntnisse des Volkes 
über sich selbst ausmachen, die in der Kegel sich nur bis auf das dritte 
Glied erstrecken. i 
Ich habe nun den Versuch gemacht, aus den Matriken der Haupt 
pfarre Haus im Ennstal eine derartige „Volksgenealogie u für diese Pfarre 
zusammenzustellen. Das Taufbuch dieser Pfarre beginnt 1586, das Trauungs 
buch 1601. Dieser Versuch hat ergeben, daß der Stammbaum vieler Bauern 
familien, die heute noch in dieser Gemeinde ansässig sind, sich bis in die 
Zeit um 1530 lückenlos zurückführen läßt. In manchen. Fällen sitzt die 
Familie sogar noch auf demselben Bauernhof wie vor 400 Jahren. Natürlich 
geht die Seßhaftigkeit der Bevölkerung noch weiter zurück; bis dorthin 
läßt sibh dieselbe aber genealogisch exakt nachweisen. 
Dieses überraschende Ergebnis hat mich zum Entschlüsse gebracht, im 
Verein mit meinen Kollegen Professor Dr. Josef Winkl er, Professor Dr. Franz 
Schitter und Professor Johann List, mit der Schaffung einer „stei 
rischen Volksgenealogie u im früher dargelegten Sinne zu beginnen. 
Wir wissen zwar noch nicht, ob die Herausgabe eines solchen Werkes in 
Anbetracht der gegenwärtigen mißlichen Wirtschaftslage möglich sein wird; 
aber wo ein Wille ist, dort wird sich auch ein Weg finden, und wir hoffen, 
daß dieses Hindernis jedenfalls nicht ein dauerndes sein werde. Wir sind 
uns auch darüber-klar, daß wir das geplante Werk nicht vollenden werden; 
denn es wird einige Jahrzehnte dauern, bis eine größere Anzahl von Pfarren 
in dieser Weise genealogisch bearbeitet sein wird. Indes möge der Anfang 
gemacht werden, und wenn es uns gelingt, in dem, was wir bieten können, 
eine Grundlage für weitere geschichtliche Studien zu schaffen, dann ist zu 
hoffen, daß sich das historische Interesse dem begonnenen Unternehmen 
auch in der Zukunft zuwenden wird. Zunächst aber wenden wir uns an den 
hochwürdigen Klerus mit der Bitte, uns durch Mitarbeit und sonstige Bei 
hilfe zu unterstützen. 
Die Grundsätze bei der Abfassung dieser Genealogien müssen für alle 
Teile einheitlich sein. Als Hauptquelle, die oft auch die einzige ist, kommen 
die Tauf- und Trauungsbücher der betreffenden Pfarren in Betracht. Die 
Sterbebücher brauchen nur hilfsweise herangezogen zu werden. Aus diesen 
Quellen müssen zunächst alle Namen ausgeschrieben und in genealogischen 
Zusammenhang gebracht werden. Für die praktische Durchführung wird 
es notwendig sein, sich zunächst auf die Matrikenbücher jener Pfarre, für 
welche die Genealogie gemacht werden soll, zu beschränken. Verzweigt 
sich eine Familie über die Grenzen des Pfarrgebietes hinaus, so werden im 
allgemeinen nur jene auswärtigen Mitglieder der Familie in den Stamm 
baum aufgenommen werden können, welche sich in bereits vorhandenen 
Bearbeitungen der „ Volksgenealogie u finden. Dieser methodische Vorgang 
ist deshalb notwendig, weil die Untersuchung sämtlicher Quellen, in denen 
Mitglieder irgendeiner Familie sich finden können, zu schwierig ist. Es 
müßten in diesem Falle zum Beispiel schon für den ersten Band, der die
	        
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