Volltext: Die Grenzschlachten im Westen (1. 1925)

Zurückhaltung der Obersten Heeresleitung. 
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und der rechte der 6. völlig auseinander strebten. Hierdurch mußte eine 
mit der Zeit sich erweiternde Lücke in der deutschen Heeresfront entstehen, 
die für die entblößten inneren Flanken beider Armeen eine ernste Ge¬ 
fährdung bedeutete. Die Oberste Heeresleitung glaubte aber eine solche 
nach dem erfochtenen Siege nicht hoch veranschlagen zu brauchen. 
Um unabhängig von den Auffassungen der Armeen zu klarem eigenen 
Wollen zu kommen, bedurfte der Leiter der Gesamtoperation allerdings einer 
zutreffenden, den wechselnden Lagen an der Kampfessront schnell folgenden 
Berichterstattung über die Vorgänge bei den einzelnen Armeen. Dadurch, 
daß er weit rückwärts den Kampfvorgängen fernblieb, vermochte er sich 
ein selbständiges Urteil über die Lage an der Front nicht zu bilden; er sah 
diese in den Farben der langsamen, oft durch die Ereignisse überholten 
Berichterstattung der Armee-Oberkommandos und war dauernd von ihr 
abhängig. Fehler, die hier unterliefen, fanden bei der Obersten Heeres¬ 
leitung keinen Ausgleich und konnten sich daher verhängnisvoll auswirken. 
Eigene Nachrichtenoffiziere im Flugzeug oder Kraftwagen hatte die Oberste 
Heeresleitung zu den Armee-Oberkommandos nicht entsandt, obwohl sie 
mit einem Versuche beim Armee-Oberkommando 5am 22. August die 
besten Erfahrungen gemacht hatte. Uber die Gründe der Nichtentsendung 
von Nachrichtenoffizieren berichtet Generalleutnant Tappen wie folgt: 
.. Zu einer so hohen Kommandostelle, wie einem Armee-Oberkommando, 
konnten nur Nachrichtenoffiziere entsendet werden, die befähigt waren, 
persönliche Eindrücke über den Gang der Ereignisse bei der betreffenden 
Armee zu gewinnen. Sie mußten ferner der entsendenden Stelle, hier 
also der Obersten Heeresleitung, persönlich so bekannt sein, daß man aus 
ihr Urteil auch wirklich Wert legen konnte. Da der Obersten Heeresleitung 
so viele geeignete Offiziere nicht zur Verfügung standen — wenn man 
nicht den Bestand an älteren Generalstabsosfizieren bei den Kommando¬ 
stellen selbst schwächen wollte — so ist seitens der Obersten Heeresleitung 
in jedem besonderen Falle, wo es erforderlich erschien, ein Nachrichten¬ 
offizier entsendet worden. .... Im übrigen war die damals wohl tägliche 
Aussprache am Fernsprecher mit den Chefs oder Ersten Generalstabs- 
Offizieren der Armee-Oberkommandos, wenigstens der mittleren und 
linken Armeen, ein sicherer Gedankenaustausch." 
Die Meldungen, die in den Tagen vom 20. bis 24. August bei der 
Obersten Heeresleitung über die stattgehabten Kämpfe eingegangen waren, 
hatten in ihrer Gesamtheit den Eindruck eines „großen und vollständigen 
Sieges" auf der ganzen Heeresfront hervorgerufen: das Armee-Ober¬ 
kommando 6 hatte am 20. August von einer „siegreichen Schlacht" des 
linken deutschen Heeresslügels und der Erbeutung „vieler tausend Ge-
	        
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