Volltext: Der Weltkrieg in 28 Einzeldarstellungen (1 ; 1921)

64 
Litzmann 
schungen. Die blitzenden Sternbilder fingen vor unsern Augen 
an, in schön geschwungenen Kurven aus und nieder und durcheinan¬ 
der zu schweben. Und der Marsch wollte kein Ende nehmen! hatten 
wir die Richtung verfehlt? Da stießen wir auf die Gräber lieber 
Kameraden, die hier vor fünf Tagen gelegentlich unseres Vor¬ 
marsches gefallen waren, und wußten nun, wir waren auf 3 km 
an Brzeziny heran. Um 3 Uhr wurde auf den Höhen südwestlich 
der Stadt aufmarschiert und eine lange Schützenlinie entwickelt. 
Aus dieser Richtung erwartete uns sicher kein Russe. Der Umgriff 
sollte umfassend und überraschend gegen den westlichen Stadtteil 
ausgeführt werden. Mit ungeladenen Gewehren wurde angetreten. 
Tine feindliche Außenwache wurde mit dem Bajonett nieder¬ 
gestochen, und wir kamen ohne Schuß in die Stadt. Der Trfolg 
belebte noch einmal; es ging vorwärts durch die nächtlichen Straßen. 
Rechts und links krachten die Banstüren: Grenadiere und Füsiliere 
drangen in die Gebäude und holten die schlafenden Russen heraus. 
!ver sich nicht ohne weiteres ergab, wurde lautlos niedergemacht. 
Aber am Marktplatz kam es doch noch zu erbittertem Kampf. Der 
Russe war endlich erwacht und schoß aus Fenstern und Türen. Tr 
wurde überwältigt. Die Häuser um den Marktplatz wurden siegreich 
erkämpft. 
Doch nun beschloß der Divisionskommandeur, seinen zum Tode 
ermatteten Truppen endlich die wohlverdiente Ruhe zu gönnen und 
erließ um 5 Uhr morgens den dazu nötigen Befehl. Mochte der 
östliche Stadtteil vorläufig noch in Händen des Feindes bleiben; wir 
mußteri erst einmal wieder zu Atem kommen. War doch die Truppe 
feit 28 Stunden ununterbrochen auf dem Marsch oder in heißem 
Gefecht! Sie ging in Massenquartiere rings um den Marktplatz; 
Wachen wurden ausgestellt, eine starke Abteilung blieb gefechts¬ 
bereit bei den Gewehren. Auch der Divisionsstab brachte sich unter, 
nachdem einige Offiziere vom Generalstabe des IV. sibirischen Korps 
aus den Betten des nämlichen Ouartiers herausgeholt waren. Der 
kommandierende russische General war leider entkommen. 
An das Generalkommando unseres XXV. Reservekorps wurde 
durch Radfahrerpatrouille Meldung entsandt; die Patrouille nahm 
für General Graf v. Schweinitz eine der neuen Lage entsprechende 
Weisung mit. 
Nicht länger als eine Stunde währte die Ruhe. Dann drangen 
starke feindliche Kräfte von Süden und Osten her in Brzeziny ein. 
Ts kam zu wütenden Straßenkämpfen, bei denen Major Reinhard 
sich erneut hervortat. Durch den Kugelregen pirschten sich die 
wackeren Pioniere vor in den Gstteil der Stadt und zündeten ihn 
an. Die Russen, die sich dort festgesetzt hatten, mußten aus ihren 
Schlupfwinkeln heraus und wurden gefangen genommen. 
Jm Laufe dieses vormittags kam zu allgemeiner Freude General 
v. Friedsburg mit einem Teil seiner 6. Gardebrigade bei Brzeziny
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.